Wahlen in Spanien Albert Rivera und Pablo Iglesias sind die Königsmacher der künftigen Regierung
Madrid. Er ist vermutlich der gefährlichste Herausforderer für Spaniens konservativen Regierungschef Mariano Rajoy in der Parlamentswahl am 20. Dezember. Weil sich Albert Rivera, der Chef der liberalen Aufsteigerpartei Ciudadanos („Bürger“) als gefräßiger Stimmenräuber in Rajoys bürgerlichem Wählerumfeld erweist - und damit dessen Wiederwahl gefährdet.
Der 36-jährige Rivera ist zugleich der jüngste aller Rivalen. Nach dem Popularitätsbarometer des staatlichen Umfrageinstituts CIS ist der charismatische Rivera derzeit der beliebteste Spitzenpolitiker Spaniens. Während Ministerpräsident Rajoy (60), dessen Ruf durch Korruptionsskandale angeschlagen ist, ganz am Ende dieser Ansehensliste rangiert.
Zehn Jahre lang war Riveras Bürgerplattform nur eine regionale Partei, die in der abtrünnigen spanischen Region Katalonien für die Einheit Spaniens und gegen die Korruption kämpfte. Doch als der redegewandte Jurist Anfang 2015 seine Parteikampagne auf ganz Spanien ausdehnte, begann sein kometenhafter Aufstieg. Der neue Stern am spanischen Polit-Himmel hat sich die „demokratische Erneuerung der Nation“ vorgenommen.
Und er wurde zugleich zum Konkurrenten von Pablo Iglesias (37), dem Anführer der linksalternativen Protestpartei Podemos („Wir können“), der ebenfalls erstmals in der nationalen Parlamentswahl antritt. Beide buhlen nun um die große Zahl der frustrierten Bürger vor allem in der jüngeren Generation. Rivera und Iglesias liegen in den letzten Umfragen mit jeweils 18-19 Prozent der Stimmen weitgehend gleichauf und wirbeln Spaniens Parteienlandschaft gehörig durcheinander.
Auch wenn die beiden Newcomer vieles trennt, vertretenen sie eines gemeinsam: Die Forderung nach einem „neuen politischen Stils“ ohne Filz und Postenschacher. Nicht ohne Grund: Die Korruption ist nach Meinung der spanischen Bürger nach der Massenarbeitslosigkeit das größte Problem des Königreiches.
Vor allem der Frust über die Selbstbedienungsmentalität in den beiden traditionellen Parteien, den regierende Konservative und den oppositionelle Sozialisten, treibt den Protestparteien die Wähler zu. Sie könnten nach den Umfragen zusammen nahezu 40 Prozent der Wähler an sich binden.
Rivera siedelt sich mit seiner braveren Protestplattform Ciudadanos im politischen Zentrum an und hat es geschafft, seine Partei im bürgerlichen Wählerumfeld als Alternative zu Rajoys Konservativen zu platzieren. Er präsentiert sich als dialogbereiter Kandidat, der das Land versöhnen will. Und der sogar eine „Regierung der Öffnung“ mit unabhängigen Experten und Politikern anderer Parteien anbietet.
Während Iglesias, der mit der griechischen Syriza-Regierung sympathisiert, eher die empörten Bürger des linken Spektrums hinter Podemos schart und damit vor allem im Revier von Spaniens Sozialisten wildert. Iglesias gibt sich mit seinem wehenden Pferdeschwanz als linker Revolutionär, der für mehr Basisdemokratie und größere soziale Gerechtigkeit eintritt.
Wegen des Erstarkens von gleich zwei Protestparteien ist völlig unsicher, wer nach der Wahl am 20. Dezember in Spanien regieren wird. In der neusten Umfrage von „El Pais“, Spaniens größter Tageszeitung, liegt der Konservative Mariano Rajoy mit 25 Prozent vorne, gefolgt vom sozialistischen Spitzenmann Pedro Sánchez mit 21 Prozent. Knapp dahinter kommen Podemos mit 19 und Ciudadanos mit 18 Prozent.
Es zeichnet sich also, mangels klarer Mehrheiten, eine sehr schwierige Regierungsbildung ab. Nur eines scheint klar: Die beiden Neulinge Podemos und Ciudadanos, werden vermutlich den Schlüssel in der Hand haben.