An Syrien scheiden sich die Geister
Streit unter US-Ministern: Militäreinsatz oder humanitäre Hilfe?
Washington. „Notfalls mit Gewalt“ — die US-Außenministerin schlägt im Syrien-Konflikt schärfere Töne an als der Verteidigungsminister. Während Leon Panetta in Washington vor den Folgen einer Militärintervention in Syrien warnt und für humanitäre Hilfe plädiert, fordert Hillary Clinton in Paris schärfere Maßnahmen, um Präsident Baschar al-Assad in die Knie zu zwingen. Es wäre nicht das erste Mal, dass Clinton den Hund zum Jagen trägt und das Pentagon von einem Militäreinsatz überzeugt.
Bereits beim US-Einsatz 2011 in Libyen war es so. Unter dem damaligen Verteidigungsminister Robert Gates hatte sich das Pentagon mit dem Einsatz zunächst schwergetan. Den Ausschlag gab schließlich Clinton. Auch im Fall Syrien drängt sie zum Handeln. Vor den Nato-Verteidigungsministern in Brüssel sprach sie von einem „Wendepunkt“, an dem die Gewalt in Syrien entweder ende, oder aber die USA andere Wege fänden, um Druck auf Damaskus auszuüben. Zuvor hatte Clinton erklärt: „Die USA stehen bereit, das zu tun, was die Internationale Gemeinschaft zu Syrien entscheidet.“
Das machten — trotz aller Bedenken — auch Panetta und Generalstabschef Martin Dempsey im Militärausschuss des Kongresses klar. Doch Panetta warnte: Es gebe keine Wunderwaffe, um das Blutvergießen in Syrien über Nacht zu beenden. „Uns muss bewusst sein, dass eine Militärintervention die angespannte Lage verschlimmern und noch mehr Zivilisten in Gefahr bringen könnte.“ Panetta setzt darauf, die syrische Opposition zu stärken — etwa mit Kommunikationsgerät und humanitärer Hilfe.
Der US-Kongress ist darüber gespalten. Zu den lautesten Forderern einer Intervention gehört der ehemalige republikanische Präsidentschaftskandidat, Senator John McCain. Ein Militärschlag sei „die einzige realistische Option“, das Blutvergießen zu beenden. Anfang März veranlasste Präsident Barack Obama dazu die Prüfung der Optionen. Zu ihnen gehört auch ein humanitärer Korridor, wie ihn Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy angeregt hat. Ein Plan für ein solches Rückzugsgebiet für syrische Oppositionelle liege bereits in der Schublade, erklärte Panetta im Kongress.
Generalstabschef Martin Dempsey betonte dort, es lägen verschiedene Pläne für einen möglichen Einsatz bereit. „Wenn wir darum gebeten werden, dann haben wir die militärische Kapazität.“ Die Frage sei dann, wie weit das Weiße Haus gehen wolle: bis zum Ende der Gewalt — oder gar dem Sturz von Machthaber Assad?