Analyse: Der Südsudan auf dem Weg in die Freiheit
Seit Sonntag können die Bürger über eine Trennung vom Norden abstimmen.
Juba. Ein zu Tränen gerührter Präsident, ein schwärmender Hollywood-Star, jubelnde und tanzende Menschen: Am Tag der historischen Volksabstimmung über einen unabhängigen Südsudan überwogen am Sonntag die ganz großen Gefühle. Trotz zahlreicher ungelöster Probleme in einer der am wenigsten entwickelten Regionen der Welt blieben Zukunftssorgen erst einmal ausgeklammert. Sechs Jahre nach dem Friedensabkommen, das einen der längsten und blutigsten Bürgerkriege Afrikas beendet hatte, stellten die Menschen im Südsudan die Weichen für ihre Zukunft. Kaum jemand zweifelt, dass die Entscheidung für einen eigenen Staat und gegen den Verbleib mit dem Norden fällt.
„Das ist ein historischer Moment“, sagte der südsudanesische Präsident Salva Kiir, der in Juba als einer der ersten um acht Uhr morgens seine Stimme abgegeben hatte. „Er steht für den Beginn der echten Selbstbestimmung der Menschen im Südsudan.“ Mit den Tränen kämpfend erinnerte er an seinen Vorgänger John Garang, mit dem er zusammen die Sudanesische Volksbefreiungsarmee SPLA gegründet hatte, gedachte der zwei Millionen Menschen, die in dem 21-jährigen Bürgerkrieg ums Leben kamen. Von einem „großen Tag für die Welt“ sprach Hollywood-Star George Clooney, der wohl prominenteste Wahlbeobachter. „Wir schauen zu, wie ein Volk seine Freiheit wählt.“
Nicht nur in Juba drängten sich die Wähler. In Malakal im Bundesstaat Upper Nile beobachtete Michael Arunga von der Hilfsorganisation World Vision seit der Morgendämmerung Menschen, die zu Fuß, auf Fahrrädern und in Eselskarren aus den umliegenden Dörfern zu den Wahllokalen strömten. Auch der ständige Wind, der aufgewirbelte Staub und die Hitze konnte die Wartenden nicht entmutigen.
„Ich habe so lange auf diesen Tag gewartet“, sagte die 75-jährige Mary Akich Aban, die geduldig am Ende einer langen Warteschlange ausharrte. Auch die noch ungelösten Probleme der Grenzziehung mit dem Norden, die Aufteilung der Staatsschulden oder die im Süden schwelenden ethnischen Konflikte konnten den Enthusiasmus nicht überschatten.