Analyse: USA fürchten Machtvakuum in Nordkorea
Die Pläne für Abrüstungsgespräche und weitere Nahrungsmittelhilfen liegen vorerst auf Eis.
Washington. Nach dem Tod des nordkoreanischen Machthabers Kim Jong Il herrschen in den USA Ratlosigkeit und Verwirrung. Der Regimewechsel in Pjöngjang stellt insbesondere einen Rückschlag dar für die Sechsparteiengespräche über Nordkoreas Atomprogramm, für die Außenministerin Hillary Clinton gerade neue Weichen stellen wollte.
Für das plötzliche Ende der Herrschaft von Kim Jong Il war Washington nicht gewappnet. Während Beobachter glauben, dass man mit dessen Sohn Kim Jong Un auf einen Neubeginn setzen sollte und Reformen möglich sein könnten, herrscht in Regierungskreisen Konsens: Mit dem politisch unerfahrenen Sohn an der Spitze ist die Lage unsicherer denn je — ein Machtvakuum droht.
Wie kritisch die Gemengelage auf der koreanischen Halbinsel gesehen wird, das beweisen die Reaktionen des Präsidenten und seiner Chefdiplomatin. Nachdem die Nachricht vom Tode Kims nach Washington vorgedrungen war, telefonierte Präsident Obama um Mitternacht mit Südkoreas Präsident Lee Myung-bak und versicherte ihm, dass die USA alles Notwendige unternehmen würden, „um die Sicherheit unseres engen Verbündeten zu garantieren“. Zeitgleich kontaktierten Clinton und Pentagon-Chef Leon Panetta ihre Amtskollegen in Seoul, um sie auf eine gemeinsame Vorgehensweise einzuschwören.
Noch diese Woche hatte ursprünglich das Außenministerium bekanntgeben wollen, dass wieder Lebensmittellieferungen nach Nordkorea starten sollen. Ziel der Hilfe sollte es sein, die nordkoreanische Regierung an den Verhandlungstisch zu zwingen und die Sechsparteiengespräche unter Einbeziehung von China, Russland, Japan und Südkorea wieder aufzunehmen.
Für Donnerstag waren in Peking bilaterale Gespräche zwischen US-Diplomaten und Vertretern der nordkoreanischen Regierung über Konditionen vorgesehen, unter denen Kim sein Programm zur Urananreicherung aussetzen würde. Diese aber dürften nun auf Eis gelegt werden.