Analyse: Wie Gabriel die Energiewende umbaut

Der Wirtschaftsminister eckt mit seinen Vorschlägen an. Aber viele Ideen könnten der Umsetzung des Projekts nutzen.

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Meseberg/Berlin. Es ist einer dieser Wintertage, der Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) noch Kopfzerbrechen bereiten wird. Es ist kalt bei der Kabinettsklausur in Meseberg. Bundesweit wird eine geringe Solarstromproduktion für die Mittagsstunden vorhergesagt, mit 4780 Megawatt (MW) in der Spitze, beim Wind werden maximal rund 5000 MW erwartet. So müssen vor allem Kohlekraftwerke die Versorgung sichern: Mit bis zu 58 500 MW — trotz vieler Fördermilliarden ist da von Klimaschutz wenig zu spüren. Dennoch soll von Meseberg das Signal für einen Neustart bei der Energiewende ausgehen.

Gabriel will mit einer Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) die Förderkosten für neue Ökostrom-Anlagen deutlich drücken. Von bisher durchschnittlich 17 Cent je Kilowattstunde für neue Windräder, Solar- und Biogasanlagen soll die Vergütung im Jahr 2015 durch die Reform auf im Schnitt nur noch 12 Cent sinken. Das sieht ein Eckpunktepapier des Vizekanzlers. Bei deutlich niedrigeren Kosten als bisher wird von Union und SPD eine Erhöhung des Ökostrom-Anteils von derzeit knapp 25 auf bis zu 45 Prozent bis 2025 angestrebt. Am 9. April soll das EEG im Kabinett beschlossen werden. Am 26. oder 27. Juni soll der Bundestag das Gesetz beschließen, am 11. Juli der Bundesrat, damit die Novelle zum 1. August in Kraft treten kann.

Nein. 2014 werden rund 23,5 Milliarden Euro an Vergütungen an Windkraft-, Solar- und Biogasanlagenbetreiber fließen. Es gibt eine 20-Jahres-Festpreisgarantie ab Anschlussdatum — der bisher angefallene Förderberg muss also noch lange abgetragen werden. Gabriel will die Preise stabilisieren — seit 2010 ist die Ökostrom-Umlage von zwei auf 6,2 Cent je Kilowattstunde gestiegen. Gabriel fordert zur Kostendämpfung eine Drosselung des Windausbaus auf nur noch 1000 Windräder an Land.

Der geplante Einschnitt um bis zu 20 Prozent bei Windkraftanlagen an Land und ein weitgehender Stopp beim Bau neuer Biogasanlagen wird wenig bringen. Ein Beispiel: Bei der Solarförderung gibt es bereits automatische Kürzungen je nach Zubau. Während die bis 2012 angeschlossenen Anlagen zehn Milliarden Euro Umlage pro Jahr kosten, kommen durch 2013 ans Netz gegangenen Solaranlagen nur 300 Millionen Euro hinzu.

Ein Abbau der teuren Industrie-Rabatte — sie machen 2014 rund fünf Milliarden Euro aus. Entsprechend erhöht sich die Umlage für nicht-privilegierte Betriebe und Bürger. Im Gespräch sind mehr als 700 Millionen Euro weniger. Zudem sollen Unternehmen und Bürger, die mit Solar- und Windanlagen erzeugten Strom selbst verbrauchen, nicht mehr aus dem Solidarsystem der Umlagezahler flüchten können — sie sollen sich mit einer Mindest-Umlage beteiligen. Aber: Zugleich droht ein Kostenrisiko durch hohe Anfangsvergütungen von 19 Cent (über acht Jahre) bei Meer-Windparks.