Angriffe auf Protesthochburgen in Syrien

Kairo/Beirut (dpa) - Trotz der jüngsten internationalen Bemühungen um eine Waffenruhe hat Syriens Regime seine Offensive gegen die Gegner von Präsident Baschar al-Assad fortgesetzt. Am Samstag nahmen Regierungstruppen nach Angaben von Aktivisten erneut Ziele in den Protesthochburgen Homs und Hama unter Beschuss.

Dutzende Menschen wurden getötet. Ungeachtet der bürgerkriegsähnlichen Zustände will Assad an diesem Sonntag über eine neue Verfassung für Syrien abstimmen lassen.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) warnte vor Debatten über eine militärische Intervention. Dem in Berlin erscheinenden „Tagesspiegel“ (Sonntag) sagte Westerwelle einen Tag nach dem ersten Treffen der Syrien-Kontaktgruppe laut einem Vorabbericht: „Wir müssen alles vermeiden, was Syrien einem Stellvertreterkrieg näher bringen könnte.“ Er fügte hinzu: „Das könnte in der Region einen Flächenbrand auslösen und am Ende eine Konfrontation heraufbeschwören, die bis nach Moskau oder Peking reicht.“

Das Rote Kreuz konnte derweil erste Verletzte aus den Krisengebieten bringen. Die vor wenigen Tagen in Homs verletzten Journalisten waren nicht unter ihnen. Die französische Reporterin Edith Bouvier und der britische Fotograf Paul Conroy hatten am Mittwoch bei einem Artillerieangriff Verletzungen am Bein erlitten. Bei der Attacke waren die US-amerikanische Journalistin Marie Colvin und der französische Fotograf Rémi Ochlik getötet worden.

Ein Sprecher des Roten Kreuzes in Damaskus, Saleh Dabbikeh, sagte der Nachrichtenagentur dpa, dass die Helfer sich bemühten, noch am Samstag wieder in den belagerten Stadtteil Baba Amro zu kommen und mehr Verletzte herauszuholen - auch die verwundeten Medienvertreter.

Das Rote Kreuz hatte am Freitag bereits erste Verletzte sowie Frauen und Kinder aus Homs herausgeholt. Hicham Hassan vom Roten Kreuz sagte dem arabischen Nachrichtensender Al-Dschasira, 7 Verletzte und 20 Frauen und Kinder seien zunächst in Sicherheit gebracht worden. Der Konvoi von Ambulanzfahrzeugen des Syrischen Roten Halbmonds und des Roten Kreuzes sei nach Baba Amro gefahren und habe die Menschen in Sicherheit gebracht. Zu diesem Zeitpunkt habe jedoch keine Kampfpause geherrscht.

Das Internationale Komitee des Roten Kreuzes (IKRK) setzt sich für eine täglich zweistündige Kampfpause ein, um die Menschen in den Krisenregionen besser versorgen zu können. Der Nachrichtenagentur dpa sagte Hassan, dass die Verhandlungen mit Vertretern der syrischen Regierung und der Opposition wieder aufgenommen worden seien. Ziel der Helfer sei es, alle Verletzten aus Baba Amro herauszubringen.

Landesweit kamen am Samstag nach Oppositionsangaben mindestens 48 Menschen ums Leben, die meisten von ihnen in der Krisenregion Hama sowie in Aleppo. In der zweitgrößten Stadt des Landes habe die Polizei das Feuer auf Teilnehmer eine Trauerfeier eröffnet und sieben getötet. Auch in der seit Wochen umkämpften Protesthochburg Homs dauerten die Gefechte weiter an. Der syrische Aktivist Omar Homsi sagte der Nachrichtenagentur dpa, dass Dutzende Geschosse auf das Viertel Al-Chalidija gefeuert worden seien.

Am Freitag hatte sich die neue Kontaktgruppe der Freunde Syriens erstmals in Tunesien getroffen, um über eine Lösung des Konflikts zu beraten. Die mehr als 60 Staaten und Organisationen drohten mit weiteren Sanktionen, falls das Regime die Gewalt gegen das eigene Volk nicht sofort beende. Von einer Militärintervention in Syrien wollten die Teilnehmer jedoch nichts wissen. Sie hatten sich zusammengeschlossen, nachdem die Vetomächte Russland und China im UN-Sicherheitsrat mehrfach Zwangsmaßnahmen gegen Syrien verhindert hatten.