Angst vor der Staatspleite in Griechenland wächst

Brüssel/Athen/Berlin (dpa) - Die Furcht vor einer Staatspleite Griechenlands wächst.

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Nach dem vorläufigen Abbruch der Gespräche zwischen Athen und den Geldgebern warnte Bundesbankpräsident Jens Weidmann am Montag: „Die Zeit läuft ab, die Wahrscheinlichkeit, dass keine Lösung gefunden wird, steigt von Tag zu Tag.“

EU-Kommissar Günther Oettinger (CDU) verlangte einen Notfallplan für den Fall, dass eine Einigung über ein Reformpaket scheitert. Dann werde Griechenland zum 1. Juli „Notstandsgebiet“, es drohten erhebliche Probleme bei Energieversorgung, innerer Sicherheit und Gesundheit.

Nach Informationen der „Süddeutschen Zeitung“ (Dienstag) haben sich die Euro-Partner bereits auf einen Notfallplan verständigt. Wie das Blatt berichtet, soll ein Sondertreffen der Staats- und Regierungschefs in Brüssel einberufen werden, wenn den Euro-Finanzministern am Donnerstag keine Einigung gelingt. Der Plan sehe vor, am Wochenende die Kontrolle des griechisch-europäischen Zahlungsverkehrs vorzubereiten, um einen Bankensturm zu verhindern. Solche Szenarien werden in Brüssel bereits seit längerem diskutiert.

Die Zeit für Griechenland wird immer knapper, will es mit EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) noch bis zum 30. Juni eine Einigung über die Auszahlung von Hilfsgeldern in Höhe von 7,2 Milliarden Euro erzielen. Voraussetzung ist ein verbindliches Reformprogramm Athens. Bis Ende des Monats muss Athen 1,6 Milliarden Euro an den IWF zurückzahlen.

Ein Vermittlungsversuch von EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker war am Sonntagabend gescheitert. Umstritten sind insbesondere Reformen bei den Renten oder der Mehrwertsteuer. Nach Angaben eines Kommissionssprechers liegen die Pläne der Geldgeber und Griechenlands um etwa zwei Milliarden Euro pro Jahr auseinander. „Außerdem bleiben die griechischen Vorschläge unvollständig“, bemängelte der Sprecher.

Der griechische Regierungschef Alexis Tsipras zeigte sich dennoch unnachgiebig. Man werde „geduldig warten, bis die Institutionen in der Realität ankommen“, zitierte ihn die Zeitung „Efimerída ton Syntaktón“ am Montag. Die Bundesregierung, die EU-Kommission die Europäische Zentralbank (EZB) sehen hingegen allein Athen am Zug. Ein Sprecher von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble betonte in Berlin: „Es liegt jetzt ausschließlich an der griechischen Seite, auf das großzügige Angebot der drei Institutionen einzugehen.“

Im Streit um den Primärüberschuss, also das Haushaltssaldo ohne Zins und Tilgung, kam Athen den Geldgebern inzwischen entgegen. Eine Sprecherin der EU-Kommission bestätigte, dass die Regierung in Athen die Forderung der Gläubiger akzeptiert habe, in diesem Jahr einen Primärüberschuss von einem Prozent zu erzielen. „Die Frage lautet, wie glaubwürdig die Verpflichtungen sind, um dieses Ziel zu erreichen.“ Der Primärüberschuss gilt als die zentrale Messgröße für eine Gesundung des chronisch klammen Staatshaushaltes.

Die Athener Zeitung „Kathimerini“ veröffentlichte am Montag die Reformliste, die die Regierung den Geldgebern am Wochenende vorgelegt hatte. Danach will Athen die Unternehmen, die 2014 mehr als eine Million Euro Gewinne gemacht hatten, mit zwölf Prozent Sondersteuer belasten. Die Ausgaben des Verteidigungsministeriums sollen um 200 Millionen Euro gekürzt werden. Finanzminister Gianis Varoufakis brachte in der „Bild“-Zeitung erneut einen Schuldenerlass ins Gespräch.

Bundeskanzlerin Angela Merkel setzt weiter auf eine Einigung. Regierungssprecher Steffen Seibert bekräftigte: „Wir wollen, dass Griechenland im Euro bleibt.“ Die Erwartungen an das Treffen der Euro-Finanzminister am Donnerstag wurden in Berlin allerdings gedämpft, da es bisher keine politische Lösung gibt, über die abgestimmt werden kann.