Ansturm von Flüchtlingen alarmiert EU
Überfüllte Auffanglager und verzweifelte Menschen: Italien ist mit dem Strom überfordert.
Tunis/Paris. Der Massenandrang tunesischer Flüchtlinge nach Italien versetzt Europa in Alarmbereitschaft: Die EU-Kommission kündigte am Montag den Einsatz von Grenzschützern der EU-Agentur Frontex an, um die chaotische Lage zu überwachen. Brüssel und Berlin lehnten den Vorschlag Italiens ab, Polizeikräfte aus EU-Ländern zur Bewältigung der Massenflucht zu entsenden.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) machte klar, dass es keine generelle Aufnahme in Deutschland geben werde. Natürlich könnten „nicht alle Menschen, die in Tunesien jetzt nicht sein wollen, nach Europa kommen“, sagte Merkel. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) forderte die tunesische Übergangsregierung auf, den Flüchtlingsstrom zu stoppen.
Auf der nur 20 Quadratkilometer großen Insel Lampedusa war am Wochenende der humanitäre Notstand ausgerufen worden. Am Montag hielten sich noch immer mehr als 2000 Bootsflüchtlinge auf der von nur 4500 Menschen bewohnten Insel auf.
Der italienische Innenminister Roberto Maroni bot an, dass italienische Einsatzkräfte vor der nordafrikanischen Küste aktiv werden könnten, um den seit Tagen anhaltenden „biblischen Exodus“ einzudämmen. Dies schloss die tunesische Übergangsregierung als „Einmischung in innere Angelegenheiten“ aus.
Nachrichten aus Tunis machten am Montag Hoffnung auf ein Ende des Zuwandererstroms. In der Küstenregion Gabès sind nach Angaben der tunesischen Regierung mittlerweile viele Fluchtwege blockiert.
Hintergrund des Flüchtlingsstroms aus Tunesien ist der nach dem Sturz von Präsident Zine el Abidine Ben Ali vernachlässigte Grenzschutz. Zahlreiche Menschen, vor allem Arbeitslose, sehen nun die Chance, ihr Glück in Ländern wie Italien, Frankreich oder Deutschland zu suchen.
Unterdessen kündigten die Reiseveranstalter Tui und Thomas Cook/Neckermann an, ab Anfang März wieder Pauschalreisen nach Tunesien und Ägypten anzubieten. Zuvor hatte das Auswärtige Amt seine Sicherheitshinweise entschärft.