Assad geht brutal gegen Regimegegner vor
Syriens Armee will ein Exempel statuieren und die Aktivisten einschüchtern.
Kairo/Damaskus. Es sind wieder schreckliche Bilder, die sich aus Syrien ihren Weg in die Welt bahnen. Verwackelt, unscharf, körnig künden sie von dem Grauen, das die Stadt Hama befallen hat. Panzer rasseln drohend durch die Straßen, Rauchschwaden stehen dick und schwarz über den Dächern. Ein Bewusstloser, am Kopf stark blutend, wird irgendwo in einer Straße weggetragen, rundum gellen Schüsse. Im Krankenhaus schwenkt die Kamera über einen Mann mit einer Schusswunde unter dem Schlüsselbein.
Der Überfall auf Hama kam nicht völlig überraschend. Die Stadt in der Mitte Syriens nahm eine Ausnahme-Stellung ein: Anfang Juni hatten sich von dort die Sicherheitskräfte des Regimes völlig zurückgezogen. Die 700 000-Einwohner-Kommune begann, sich selbst zu verwalten. Unbehelligt fuhren die Bürger mit ihren Demonstrationen fort, die einen festlichen Charakter annahmen.
Anthony Shadid, ein Reporter der „New York Times“, der sich auf Schleichwegen nach Hama durchschlug, beschrieb die Lage dort als „ungewisses Interregnum“. Zugleich habe sich Hama „zu einem turbulenten Modell dafür entwickelt, wie eine Stadt in Syrien aussehen könnte, wenn einmal vier Jahrzehnte der Diktatur zu Ende gehen“.
Das Assad-Regime wollte den Fortbestand dieses syrischen Utopia nicht länger dulden. Bevor heute der Fastenmonat Ramadan beginnt, sollte die Initiative ergriffen werden, denn Aktivisten im ganzen Land hatten eine Intensivierung ihrer Proteste angekündigt.
Der weitgehend gewaltlose Widerstand gegen Assad ist zwar nicht islamistisch geprägt, doch die religiösen Gefühle der mehrheitlich sunnitischen Muslime sind stark und motivierend. Die Moscheen sind ein wichtiger Begegnungsort der Regimegegner.
Das neue Blutbad mag die Protestbewegung für den Augenblick einschüchtern. Doch dass es ihren Willen zu brechen vermag, darf bezweifelt werden. Die Nachrichten von den Regime-Exzessen verbreiten wie ein Lauffeuer. Die Aktivisten riefen umgehend zu Demonstrationen auf.