Attentäter Breivik schweigt zu angeblichen Komplizen
Oslo (dpa) - Der norwegische Attentäter Anders Behring Breivik schweigt zu Fragen nach möglichen Komplizen bei den Anschlägen vom 22. Juli. „Er wurde mehrfach gefragt, ob er Helfer hatte, verweigerte aber die Antwort“, sagte sein Anwalt Geir Lippestad nach einem Bericht der Zeitung „VG“ (Donnerstag).
Vorausgegangen war das dritte Verhör mit seinem Mandanten in der Osloer Polizeizentrale. Die Fahnder halten Breivik für einen Einzeltäter. Vor dem Haftrichter hatte der Attentäter allerdings erklärt, er habe in Verbindung zu zwei weiteren „Zellen“ gestanden, die ähnliche Anschläge ausführen könnten.
Der rechtsradikale Islamhasser hatte durch eine Autobombe im Osloer Regierungsviertel und bei einem Massaker auf der Insel Utøya 77 Menschen getötet. Die meisten Toten waren Jugendliche im Alter zwischen 14 und 19 Jahren. Sie hatten an dem von Breivik angegriffenen Sommerlager der norwegischen Jungsozialisten auf der Insel Utøya teilgenommen.
Nach den Angaben seines Anwalts erkundigte sich Breivik beim Polizeiverhör unter anderem nach der Zahl der Verletzten bei den Anschlägen sowie nach Reaktionen auf seine Anschläge in Norwegen und im Ausland. Er hatte nach Aussage von Lippestad vorher keine Reaktion gezeigt, als ihm die Zahl von 77 Getöteten genannt wurde.
Breivik empfinde die Untersuchungshaft mit völliger Kontaktsperre als „schwer“, sagte der Anwalt dem Blatt „VG“. Sein Mandant habe der Polizei Auskunft über die Vorbereitung des Verbrechens und Reisen dazu gegeben. Knapp zwei Wochen nach den Anschlägen werden nach Behördenangaben noch etwa 20 Verletzte im Osloer Ullevål-Krankenhaus behandelt, 12 davon auf der Intensivstation.
Die Skandinavier streiten indessen zunehmend heftig über die mögliche Mitverantwortung an den Terroranschlägen. Die Vorsitzende der norwegischen Konservativen und Ex-Kommunalministerin Erna Solberg sagte am Donnerstag in der Osloer Zeitung „VG“: „Die Art, in der extreme antiislamische Gruppen heute über Muslime sprechen, gleicht der Art, in der extreme antisemitische Gruppen in den Jahrzehnten vor dem Zweiten Weltkrieg über Juden gesprochen haben.“
In Dänemark löste die der rechtspopulistischen DVP nahestehende Pastorin und Journalistin Sørine Gotfredsen eine heftige Debatte mit Vorwürfen in der anderen Richtung aus. Sie stufte in „Berlingske Tidende“ die Tötung von 77 Menschen durch Breivik als Konsequenz einer multikulturell orientierten, liberalen Zuwanderungspolitik ein, die Proteste ignoriere: „Als Breivik das politische System aufgegeben hatte, entschied er sich dafür, zu handfesteren Mitteln zu greifen. Ihm werden wahrscheinlich andere folgen, die dasselbe Gefühl haben, von Gesetzgebern umgeben zu sein, die auf jedes Problem mit noch mehr Gerede über Offenheit reagieren.“
Die Chefin der seit zehn Jahren zum dänischen Regierungslager gehörenden DVP, Pia Kjærsgaard, nannte Gotfredsen am Donnerstag in der Zeitung „Politiken“ „tüchtig und eine gute Kommunikatorin“. In dieser Sache allerdings sei „zu weit gegangen“. Kjærsgaard hatte in den vorangegangenen Tagen mehrfach erklärt, ihre Partei werde Inhalt und Wortwahl bei der Kritik an Zuwanderung aus islamischen Ländern in der Folge der Anschläge durch Breivik nicht ändern.
Sprecher der rechtspopulistischen Fortschrittspartei in Norwegen und der Schwedendemokraten in Stockholm hatten dagegen Konsequenzen aus den Anschlägen am 22. Juli im Osloer Regierungsviertel und auf der Insel Utøya angekündigt. Die Chefin der Fortschrittspartei, Siv Jensen, meinte mehrfach: „Ich kann nicht mehr dieselben Worte wie vorher benutzen.“