EU droht mit Sanktionen Aufnahme von Flüchtlingen: Tschechien zahlt lieber
Prag/Brüssel (dpa) - Tschechien zeigt sich in der Flüchtlingspolitik unbeeindruckt von möglichen Sanktionen. Die EU-Kommission hatte Ländern, die sich nicht am Umverteilungsprogramm beteiligen, mit rechtlichen Schritten gedroht.
„Unsere Vision ist schlicht und einfach nicht, dass Flüchtlinge nach Tschechien kommen, und das vor allem aus Sicherheitsgründen“, sagte Innenminister Milan Chovanec vor Beginn des EU-Innenrats in Brüssel.
Prag rechnet nach Angaben des Sozialdemokraten mit einer Strafzahlung bis zu Dutzenden Millionen Euro, falls das Land eine etwaige Klage der EU-Kommission vor dem EU-Gerichtshof verlieren sollte. „Dieses System der verpflichtenden Quoten funktioniert nicht und es wird nicht funktionieren“, sagte Chovanec. Er forderte eine Hinwendung zum Konzept der sogenannten „effektiven Solidarität“, nach dem einzelne Länder sich anderweitig engagieren können.
Er kritisierte zudem, dass sein Land an den Pranger gestellt wird. „Wir spielen ein Spiel darum, wer 20 Menschen aufnimmt und wer 12 - derjenige, der 20 aufnimmt, ist der Gute, und derjenige, der (wie Tschechien) 12 aufnimmt, der Böse“, bemängelte Chovanec. Er werde weiter auf gründlichen Sicherheitschecks aller Umsiedlungskandidaten bestehen. In der Praxis hat Tschechien seit August keine Flüchtlinge mehr aus dem Programm aufgenommen. Dabei entfallen auf das Land knapp 1600 der 120.000 Flüchtlinge.
Die EU-Kommission will im Juni über den Umgang mit Staaten entscheiden, die sich nicht an der Verteilung von Flüchtlingen in Europa beteiligen. Ungarn, Polen und Tschechien könnte sie dann Vertragsverletzungsverfahren in Aussicht stellen, die zu Geldbußen führen können.
Die Entscheidung über konkrete EU-Verfahren kann frühestens im September fallen, wenn eine Zwei-Jahres-Frist zur Verteilung von bis zu 160.000 Flüchtlingen innerhalb Europas abläuft.
„Ich fordere Polen und Ungarn - die bislang keinen einzigen schutzbedürftigen Flüchtling umgesiedelt haben - auf, jetzt sofort damit anzufangen“, sagte EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos am Dienstag in Straßburg.
Das hat Österreich zwar auch nicht getan. Wien hat allerdings zuletzt Zusagen zur Übernahme von 50 Migranten aus Italien gemacht, wie die EU-Kommission erklärte.
Polen und die Slowakei sollten „mehr Flexibilität in Bezug auf ihre Präferenzen zeigen“, verlangte die EU-Kommission in einer Mittelung. Bulgarien sträube sich gegen die Aufnahme von Eritreern, heißt es im Bericht der Brüsseler Behörde. Die Slowakei wiederum nehme nur alleinstehende Frauen mit Kindern auf und Personen mit Reisedokumenten, „was es Italien nahezu unmöglich macht, Bewerber zu finden, die diesen Vorlieben entsprechen“.
Bernard Priecel, der Leiter der slowakischen Immigrationsbehörde, sagte der Deutschen Presse-Agentur zu Migranten aus Griechenland: „Wir haben die Anforderung gestellt, dass es sich um Frauen mit Kindern handeln soll, denn das ist die am stärksten bedrohte Gruppe.“
Die Bemühungen zur Entlastung von Italien und Griechenland kommen immer langsamer voran als geplant. Nach jüngsten Zahlen wurden 18.418 Migranten aus den beiden Ländern umgesiedelt. In Griechenland warten noch 12.400 Menschen auf die Weiterreise. In Italien sind dafür 2500 Personen vorgesehen. Mehr als 1800 weitere Menschen kommen dort für das Programm in Betracht.
Nach Ablauf der September-Frist wird auch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur Flüchtlingsverteilung erwartet. Ungarn und die Slowakei hatten dagegen geklagt.