Kein echter Wettbewerb Beobachter kritisieren Wahl nach Putins historischem Sieg
Moskau (dpa) - Nach dem Rekord-Wahlsieg des alten und neuen Präsidenten Wladimir Putin haben internationale Beobachter einen Mangel an politischem Wettbewerb in Russland kritisiert.
„Eine Auswahl ohne echten Wettbewerb ist leider keine echte Auswahl“, sagte Michael Georg Link, Leiter der Beobachtermission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), am Montag in Moskau. Oppositionsnahe russische Wahlbeobachter warfen den Behörden zudem Verstöße bei der Abstimmung ums Präsidentenamt am Sonntag vor.
Dennoch geht Putin durch das historische Ergebnis gestärkt in seine vierte Amtszeit und weitere Gespräche mit dem Westen. Deutsche Politiker riefen ihn auf, sein neues Mandat dafür zu nutzen, Gegensätze zu überwinden. Die Wahlkommission sprach Putin mit 76,66 Prozent der Stimmen das beste Ergebnis seiner politischen Karriere zu. Wahlleiterin Ella Pamfilowa bezeichnete dies als beispiellos. Putins sieben Mitbewerber blieben chancenlos. Zweiter wurde der Kommunist und Millionär Pawel Grudinin mit 11,8 Prozent der Stimmen.
Putin (65) bestimmt die russische Politik seit 18 Jahren. Von 2008 bis 2012 war er vorübergehend Regierungschef. Seine Einführung in die vierte Präsidenten-Amtszeit wird für Mai erwartet.
Der Putin-Kritiker Alexej Nawalny durfte bei der Wahl wegen einer umstrittenen Bewährungsstrafe gar nicht erst antreten. Er hatte zwar zu einem Boykott aufgerufen, doch dies hatte kaum Auswirkung auf die Beteiligung, die mit offiziell rund 67 Prozent höher war als 2012.
Viele Kandidaten hätten im Wahlkampf selbst gesagt, dass sie keine Chance bei der Wahl hätten, kritisierte Michael Georg Link von der OSZE-Mission. „Wenn die gesetzlichen Umstände viele grundlegende Freiheiten einschränken und das Ergebnis nicht angezweifelt wird, verlieren Wahlen ihren Zweck, die Menschen zu ermächtigen, ihre Anführer zu wählen“, sagte der FDP-Bundestagsabgeordnete.
Es seien Fälle von Mehrfachabstimmung registriert worden, sagte Jan Petersen von der OSZE. Er nannte aber keine Details. In ihrer Mitteilung kritisierten die Beobachter Mängel bei der Transparenz der Wahl und bei der Wahrung des Wahlgeheimnisses. Die Legitimität der Wahl zog die OSZE allerdings nicht in Zweifel.
Konkreter waren die Vorwürfe der russischen Beobachter-Organisation Golos. Es seien landesweit rund 3000 Unregelmäßigkeiten registriert worden, hieß es auf der Webseite der Organisation. Die Beobachter nannten Fälle von mehrfacher Stimmabgabe, fehlerhaften Wählerlisten und defekten Wahlurnen.
Noch in der Wahlnacht kündigte Putin Veränderungen in der Regierung an. Details nannte er zunächst nicht. Zugleich sagte er bei einer Siegesfeier vor Anhängern, nun sei es wichtig, auch die Verlierer der Wahl und ihre Wähler für seine Politik zu gewinnen.
Gleich am Montagnachmittag empfing Putin seine sieben Mitbewerber im Kreml und rief sie zur Zusammenarbeit auf. Im Wahlkampf hatte er an öffentlichen Debatten mit ihnen nicht teilgenommen. Das Wichtigste sei, dass alle Kandidaten ihre Kräfte bündelten, um gemeinsam für das Land zu arbeiten, sagte Putin der Agentur Interfax zufolge. „Wir müssen die positiven Emotionen, von denen es viele im Wahlkampf gab, in Zukunft einsetzen.“
Russland wolle keinen weiteren Rüstungswettlauf, sondern mit anderen Ländern zusammenarbeiten, sagte der Staatschef bei dem Treffen. Russland und Großbritannien liefern sich seit Tagen einen diplomatischen Schlagabtausch. London wirft Moskau vor, in einen Giftanschlag auf einen Ex-Agenten verwickelt zu sein. Russland weist das zurück. Der Fall verschärft die Krise zwischen Moskau und dem Westen, die auch vom Ukraine-Konflikt und von US-Vorwürfen einer russischen Einmischung in die US-Präsidentenwahl befeuert wird.