Berlusconi im „Ruby“-Prozess zu sieben Jahren Haft verurteilt
Mailand (dpa) - Der frühere italienische Regierungschef Silvio Berlusconi ist im „Ruby“-Prozess um Sex mit minderjährigen Prostituierten und Amtsmissbrauch schuldig gesprochen worden. Ein Mailänder Gericht verurteilte ihn am Montag in erster Instanz zu einer Haftstrafe von sieben Jahren.
Zudem darf der 76-Jährige zeitlebens keine öffentlichen Ämter mehr übernehmen. Das Urteil wird jedoch nicht rechtskräftig, sollte eine der beiden Seiten Berufung einlegen. Es wird erwartet, dass Berlusconis Anwälte den Schuldspruch anfechten. Definitiv wird die Verurteilung erst in dritter Instanz.
Mit dem Strafmaß übertrafen die drei Richterinnen sogar die von der Anklage geforderten sechs Jahre Haft. Die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert. Berlusconi hatte sich stets als unschuldig bezeichnet. Das Urteil entbehre jeder Logik, sagte sein Verteidiger Niccolo Ghedini.
Es ist der zweite Schuldspruch gegen Berlusconi innerhalb weniger Wochen. Bereits im Mai war er wegen Steuerbetrugs verurteilt worden. In diesem Prozess wird im Herbst das definitive Urteil in dritter Instanz erwartet. Sollte der Politiker und Medienmogul verurteilt werden, könnte dies auch die italienische Regierung in einige Bedrängnis bringen. Berlusconi, der immer wieder im Visier der Justiz steht, ist mit seiner PdL-Partei (Volk der Freiheit) ein wichtiger Partner in der großen Koalition von Ministerpräsident Enrico Letta.
Das Mailänder Gericht sah es als erwiesen an, dass Berlusconi bei den angeblich wilden „Bunga-Bunga“-Nächten in seiner Villa Arcore für Sex mit minderjährigen Prostituierten bezahlt hat. Die Anklage hatte in ihrem Plädoyer ausgeführt, in der Villa habe es „systematische Prostitution“ gegeben. Im Mittelpunkt des Prozesses stand die junge Marokkanerin „Ruby“ - die jedoch bestritten hat, Sex mit Berlusconi gehabt zu haben.
Das Gericht erklärte Berlusconi außerdem des Amtsmissbrauchs für schuldig. Mit Anrufen bei der Polizei soll er im Mai 2010 - damals noch als Ministerpräsident - nach einer Festnahme „Rubys“ deren Freilassung erwirkt haben.
Durch mehrere Anträge Berlusconis hatte sich der Prozess über mehr als zwei Jahre hingezogen. Nach rund 50 Verhandlungstagen, an denen weder Berlusconi noch „Ruby“ aussagten, fiel nun das Urteil in erster Instanz. Der Ex-Regierungschef, der sich selbst als Opfer der Justiz sieht, verfolgte die Entscheidung in seiner Villa bei Mailand. Der „Ruby“-Prozess habe sein internationales Ansehen beschädigt, hatte der 76-Jährige zuvor beklagt. Die angeblichen „Bunga-Bunga“-Feste seien nur „elegante Abendessen“ gewesen.
Die „Ruby“ genannte Marokkanerin Karima El Mahroug hatte in einem Nebenprozess ausgesagt, sie könne sich nicht mehr genau an die Feste erinnern. Die heute 20-Jährige hatte aber zugegeben, bei mehreren Festen in Berlusconis Villa Gast gewesen zu sein und Geld von dem Politiker erhalten zu haben. Junge Frauen hätten als Nonnen oder als US-Präsident Barack Obama verkleidet für Berlusconi getanzt.