Alle suchen Edward Snowden
Spur des früheren US-Geheimdienstlers verliert sich in Moskau.
Moskau. Wahrscheinlich hat Edward Snowden Russland längst verlassen. An Bord der Maschine der staatlichen russischen Linie Aeroflot auf dem Weg nach Havanna sah ihn niemand — den von den USA gesuchten „Geheimnisverräter“.
Das Staatsfernsehen wünschte seinen Reportern an Bord einen guten Flug in die kubanische Sonne. Von dem 30-jährigen Snowden aber fehlte jede Spur. Russland hat einmal mehr bewiesen, dass es solche Operationen wie in einem ordentlichen Thriller durchziehen kann — ohne Angst vor den USA.
Während China Konflikte lieber vermeide, nehme sie Russland förmlich mit offenen Armen auf, twitterte der russische Politologe Dmitri Trenin. Wohl deshalb hat Snowden am Sonntag Hongkong verlassen, um über einen Zwischenstopp in Moskau seine Flucht fortzusetzen. Aber wohin?
Das südamerikanische Land Ecuador hat offiziell bestätigt, dass Snowden dort Asyl beantragt habe. Aber auch die Russen hätten ihn wohl gern aufgenommen, wie Außenpolitiker in Moskau bestätigten.
Dass sich Russland damit als Beschützer der politisch Verfolgten und Wahrer der Menschenrechte hätte in Szene setzen können, meinten manche dabei wohl eher im Scherz angesichts der zunehmenden Internetsperren und eingeschränkten Freiheiten im eigenen Land.
Aber die Verlockung, Snowden zum Spielball zwischen Moskau und Washington zu machen, war groß. So erinnerte der Chef des Auswärtigen Ausschusses in der Staatsduma, Alexej Puschkow, an Russlands offene Rechnungen mit westlichen Geheimdiensten.
Verärgert reagierten die Russen über die jüngst enthüllten Bespitzelungen von Dmitri Medwedew, der als Präsident 2009 auf dem G20-Gipfel in London abgehört worden sein soll. Auf US-Drohungen, dass der Fall Snowden für Russland Folgen haben werde, reagierte die Moskauer Führung gelassen.
Am Montagabend meldete sich Wikileaks-Gründer Julian Assange über den „Guardian“ zu Wort. „Mr. Snowden und (die ihn begleitende britische Journalistin) Ms. Harrison sind beide gesund und sicher.“ Wegen der Umstände könne er zum Aufenthaltsort Snowdens keine weiteren Angaben machen. „Die Sache ist aber unter Kontrolle.“