Berlusconis Prozess könnte für Monate auf Eis liegen
Rom (dpa) - Neuer Aufschub für Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi im „Ruby“-Sexprozess: Beflügelt von einer Weichenstellung des italienischen Verfassungsgerichts streben seine Verteidiger eine rasche Aussetzung des Sexprozesses an.
Das Gericht hatte am Mittwoch in Rom einen Einspruch des Regierungschefs gegen die Richter in seinem laufenden Mailänder „Ruby“-Verfahren für zulässig erklärt, wie italienische Medien berichteten.
Berlusconis Anwalt Piero Longo zeigte sich zufrieden: „Wir waren sicher, dass so entschieden würde.“ Weil das Verfassungsgericht den Berichten zufolge in der Sache allerdings erst nach dem Sommer entscheiden dürfte, könnte der ohnehin schleppend begonnene Prozess um Sex mit minderjährigen Prostituierten um Monate ausgesetzt werden.
Vor den Verfassungsrichtern geht es um die Frage, ob der „Fall Ruby“ weiterhin vor dem Mailänder Gericht verhandelt wird oder vor einem speziellen Ministergericht, wie es der angeklagte Berlusconi verlangt. Dass die Verfassungsrichter Berlusconis Einspruch für zulässig erklärt haben, stoppt dessen Sexprozess allerdings nicht automatisch. Dafür müsste das Mailänder Gericht einem Antrag auf Unterbrechung stattgeben, den die Anwälte zuvor stellen müssen.
Italienische Medien spekulierten, durch diese juristische Entwicklung werde Berlusconi wohl ein Aufschub gewährt. So könnten die Mailänder Richter den Sexprozess bereits bei der kommenden Verhandlung am 18. Juli aussetzen, bis das Verfassungsgericht die Zuständigkeit endgültig geklärt habe. Ein genauer Termin für die nächste Sitzung des Verfassungsgerichts wurde zunächst nicht bekannt.
Berlusconi steht seit Anfang April vor Gericht. Der 74-Jährige soll mit der damals minderjährigen Karima el-Marough alias „Ruby Rubacuori“ (Ruby Herzensbrecherin) wilde „Bunga-Bunga“-Nächte in seiner Luxusvilla bei Mailand veranstaltet haben. Amtsmissbrauch wird ihm vorgeworfen, weil er das Mädchen persönlich mit einem Anruf vor einer Festnahme rettete.
Der Einspruch von Berlusconi und seinen Verteidigern gegen die Zuständigkeit des Mailänder Gerichts könnte letztendlich dazu führen, dass der Prozess komplett neu aufgerollt werden muss. Auch alle belastenden Ermittlungsakten der Mailänder Staatsanwälte wären im Falle einer Ablehnung des Mailänder Gerichts ungültig, argumentieren Berlusconis Anwälte.