Niederlage vor Gericht Brasiliens Ex-Präsident Lula darf nicht zur Wahl antreten
Brasília (dpa) - Aus der Traum von einer dritten Amtszeit: Der inhaftierte brasilianische Ex-Präsident Luiz Inácio Lula da Silva darf bei der Wahl um das höchste Staatsamt nicht kandidieren.
Nach einer Marathonsitzung votierten bis zum frühen Samstagmorgen (Ortszeit) sechs der sieben Richter am Obersten Wahlgericht gegen die Zulassung des populären Politikers.
Lula kann gegen diese Entscheidung noch in Berufung gehen. „Wir werden vor Gericht alle möglichen Rechtsmittel einlegen, damit die politischen Rechte von Lula gewahrt werden“, kündigte seine linke Arbeiterpartei (PT) an. Beobachter gehen allerdings nicht davon aus, dass Lula die Gerichtsentscheidung noch kippen kann.
Der ehemalige Präsident (2003-2010) sitzt wegen Korruption eine zwölfjährige Haftstrafe ab. Er soll sich von einem Bauunternehmen ein Luxus-Apartment renovieren haben lassen. Lula weist die Vorwürfe zurück und sieht sich als Opfer einer politischen Intrige. Allerdings verbietet ausgerechnet ein von ihm selbst eingebrachtes Gesetz die Bewerbung von Vorbestraften für öffentliche Ämter. „Angesichts der Gesetzeslage war die Entscheidung sehr einfach“, sagte der federführende Richter Luis Roberto Barroso.
Trotz der langen Haftstrafe hatte die linke Arbeiterpartei (PT) Lula für die Wahl vom 7. Oktober als Präsidentschaftskandidaten eingeschrieben. Generalstaatsanwältin Raquel Dodge und eine Reihe rechter Politiker hatten Beschwerde gegen die Kandidatur Lulas eingelegt. Lula war nach jüngsten Umfragen mit rund 40 Prozent der mit Abstand beliebteste Bewerber.
Erst am Donnerstag hatte der frühere SPD-Vorsitzende Martin Schulz Lula im Gefängnis besucht und sich dafür ausgesprochen, dass der Ex-Präsident noch einmal antreten darf. „Keine Macht der Welt kann mich daran hindern, zu einem Mann, den ich seit vielen Jahren kenne und dem ich vertraue, zu sagen: Ich glaube dir“, sagte Schulz.
Mit der Entscheidung des Gerichts werden die Karten gut fünf Wochen vor dem ersten Wahlgang nun neu gemischt. Statt Lula dürfte nun sein Vizekandidat Fernando Haddad für die PT ins Rennen gehen. Fraglich ist jedoch, wie weit er von der Popularität des beliebten Ex-Präsidenten profitieren kann. Parteichefin Gleisi Hoffmann glaubt, dass der frühere Bürgermeister von São Paulo auf bis zu 80 Prozent der Lula-Stimmen zählen darf. Allerdings darf die Partei laut dem Urteil keinen Wahlkampf mit Lulas Namen machen.
Zweitplatzierter in den Umfragen ist der ultra-rechte Ex-Fallschirmjäger Jair Bolsonaro, der gegen Homosexuelle und Minderheiten hetzt und die Militärdiktatur (1964-1985) verherrlicht. Der „Trump Brasiliens“ schockiert immer wieder mit Entgleisungen. Einer Politikerin bescheinigte er einmal, sie habe es nicht verdient, vergewaltigt zu werden, „weil sie sehr hässlich ist“.
Das Land steckt in einer schweren Krise. Vor einigen Jahren galt die größte Volkswirtschaft Lateinamerikas noch als aufstrebende Regionalmacht, heute ist Brasilien ein Sorgenkind. Durch die jüngsten Korruptionsskandale ist fast die gesamte politische Klasse des Landes diskreditiert. Nach einer schweren Rezession erholt sich die Wirtschaft nur langsam. Und die Spirale der Gewalt dreht sich weiter.
Vor allem aber ist das Vertrauen der rund 146 Millionen Wähler in die Politiker schwer erschüttert. Seit Beginn des Korruptionsskandals „Lava Jato“ kreist die gesamte politische Klasse fast ausschließlich um sich selbst. Davon profitiert nun der Ex-Militär Bolsonaro, der sich als Anti-System-Kandidat präsentiert.