Britischer Wahlsieger Cameron will EU Zugeständnisse abtrotzen

London (dpa) - Nach dem klaren Wahlsieg seiner konservativen Tories will Großbritanniens Premierminister David Cameron der Europäischen Union Zugeständnisse zugunsten des Königreichs abtrotzen.

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Mit Philip Hammond berief er einen Vertreter des starken euroskeptischen Parteiflügels erneut zum Außenminister. Cameron will laut einem „Times“-Bericht vom Sonntag noch vor der Sommerpause Hammond und Schatzkanzler George Osborne zu Verhandlungen nach Brüssel und Berlin schicken.

EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker hat Cameron bereits eine „konstruktive Zusammenarbeit“ angeboten. Spätestens 2017 wird Cameron, der nun mit absoluter Mehrheit regiert, die Briten darüber abstimmen lassen, ob sie weiterhin EU-Mitglied bleiben wollen. Bis dahin will er bessere Bedingungen für sein Land in Brüssel aushandeln. Thema dürften etwa Beschränkungen der Zuwanderung sein. Cameron will sein Land aber in der EU halten, wie er versichert.

Bei Schlüsselpositionen seiner neuen Regierung setzt der Premier auf Kontinuität: Neben Hammond und Osborne bleiben auch Innenministerin Theresa May und Verteidigungsminister Michael Fallon auf ihren Posten. Zurück im Kabinett ist als Justizminister Michael Gove, dem Cameron vor Beginn des Wahlkampfs das Amt des Bildungsministers entzogen hatte. An diesem Montag sollte das Kabinett komplett stehen.

Die Regierungsbildung wurde von Protesten in London und der walisischen Hauptstadt Cardiff begleitet. 15 Demonstranten, die die erwarteten Einschnitte bei Sozialleistungen anprangerten, wurden nahe des Regierungssitzes in der Downing Street festgenommen, wie Scotland Yard mitteilte. Zuvor hatte die Polizei von 17 Festnahmen gesprochen.

Neben Europa hat Cameron in seiner Antrittsrede den Erhalt der britischen Union zu einem Hauptthema seiner zweiten und erklärtermaßen letzten Amtszeit erklärt. „Ich werde eine Regierung der nationalen Einheit führen“, versprach er mit Blick auf Unabhängigkeitsbestrebungen in Schottland. Die schottischen Wähler hatten in 56 von 59 Wahlkreisen die sozialdemokratische Nationalpartei SNP gewählt. Cameron nahm noch am Wochenende den Gesprächsfaden mit SNP-Chef Nicola Sturgeon auf, die erneut betonte, es sei bei dieser Wahl nicht um eine Unabhängigkeit gegangen.

Bei den Wahlverlierern setzten unmittelbar nach dem Rücktritt ihrer Parteichefs Debatten über Parteiführung und Ausrichtung ein. Der bisherige Parteichef Ed Miliband hatte am Freitag das Handtuch geworfen. Für die Nachfolge gibt es mehrere Kandidaten. Ex-Premier Tony Blair, der Labour 1997, 2001 und 2005 zu Wahlsiegen geführt hatte, forderte im „Guardian“, die Partei müsse wieder in die Mitte der Gesellschaft rücken.

Bei der rechtspopulistischen UKIP ist die Nachfolge des zurückgetretenen Nigel Farage ebenfalls nicht geklärt. Farage hatte angekündigt, er könnte seine Rücktrittsentscheidung im Sommer noch einmal überdenken. Auch die bisher mitregierenden Liberaldemokraten, von 57 auf nur noch acht Parlamentssitze dezimiert, suchen einen Nachfolger für den nach acht Jahren scheidenden Nick Clegg.

Cameron hatte am Donnerstag überraschend die absolute Mehrheit der Sitze geholt. Im neuen Unterhaus gehören 331 der 650 Abgeordneten den Konservativen an. Die Meinungsumfragen vor der Wahl hatten ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit leichten Vorteilen für Herausforderer Miliband vorausgesehen.