Bundeswehrsoldaten in der Türkei an Belastungsgrenze

Berlin (dpa) - Der Nato-Einsatz zum Schutz der Türkei vor Angriffen aus Syrien bringt die Raketenabwehr-Einheiten der Bundeswehr an die Grenze der Belastbarkeit.

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Bei gut einem Viertel (28 Prozent) der seit Anfang 2013 eingesetzten Soldaten konnte die Karenzzeit von 20 Monaten zwischen zwei Einsätzen nicht eingehalten werden. Dies räumte das Verteidigungsministerium auf Anfrage eines Grünen-Abgeordneten ein.

Bei den aktuell eingesetzten 270 Soldaten liegt der Anteil sogar bei 34 Prozent. Ein Einsatz dauert in der Regel vier bis sechs Monate. Um die Belastung zu mindern, gebe es Entspannungsseminare und Betreuungsangebote, schrieb der Parlamentarische Staatssekretär Ralf Brauksiepe an den Haushaltsexperten Tobias Linder.

Die deutschen „Patriot“-Einheiten sind seit 20 Monaten in Kahramanmaras rund 100 Kilometer von der syrischen Grenze entfernt stationiert. Die Raketen sind bisher nicht zum Einsatz gekommen. Ankara hatte darum gebeten, nachdem im Grenzgebiet mehrfach Granaten aus Syrien eingeschlagen waren.

Zur Gewährleistung der maximalen Einsatzbereitschaft der „Patriot“-Systeme in der Türkei werden die „Patriot“-Einheiten nach Brauksiepes Angaben vorrangig mit Ersatzteilen versorgt. Wenn die Mission im nächsten Jahr fortgeführt werde, könne das aber die Verfügbarkeit der in Deutschland zur Ausbildung vorgesehenen Geräte beeinträchtigen. Defizite sollen durch mehr Training und eine Grundüberholung der Waffensysteme nach einem Einsatz ausgeglichen werden. „Eine Voraussetzung hierfür ist die entsprechende finanzielle Ausstattung im Bereich der Materialerhaltung.“

Der Wehrbeauftragte des Bundestags, Hellmut Königshaus, hatte bereits am Wochenende in der „Süddeutschen Zeitung“ auf die Belastung der Soldaten im Türkei-Einsatz hingewiesen. „Dem Verteidigungsministerium ist bekannt, dass der Einsatz in der Türkei strukturell nicht durchhaltefähig ist“, sagte er. „Ihn erneut verlängern zu wollen, wäre eine politische Entscheidung, die dem betroffenen Personal nur mit großem argumentativen Aufwand verständlich zu machen ist.“

Das Bundestagsmandat für den „Patriot“-Einsatz läuft am 31. Januar aus. Dann muss neu entschieden werden. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte der Türkei bei einem Besuch der Soldaten im März zugesagt, den Einsatz im Zweifelsfall bis zu einer Lösung des Syrien-Konflikts fortzusetzen. Es bedürfe noch starker Anstrengungen der Völkergemeinschaft bis zu einer Lösung, sagte sie damals. „Solange dies so ist, ist es auch richtig, hier den Schutz zu liefern.“

Die SPD hatte von der Leyen am Montag vorgeworfen, ihre Arbeit nicht ordentlich zu machen. Unions-Fraktionschef Volker Kauder wies die Kritik am Dienstag entschieden zurück. Unsachliche persönliche Angriffe müssten in einer Koalition ohnehin unterbleiben, sagte der CDU-Politiker der „Schwäbischen Zeitung“ (Mittwoch). „Das ist ganz schlechter Stil, den auch die Wählerinnen und Wähler nicht gutheißen.“

Die USA, die Niederlande und Deutschland stellten bisher an unterschiedlichen Orten jeweils zwei „Patriot“-Staffeln. Die Niederländer sollen jetzt durch spanische Kräfte abgelöst werden. Ein „Patriot“-System umfasst ein Radar und acht mobile Startstationen, die an große Lastwagen erinnern.