Chinas neuer Fünf-Jahres-Plan: „Keine harte Landung“
Peking (dpa) - Trotz schwächerer Konjunktur wird China nach Überzeugung von Regierungschef Li Keqiang seine hoch gesteckten Wachstumsziele erfüllen können.
Nachdem der Volkskongress zum Abschluss seiner Jahrestagung grünes Licht für den neuen Fünf-Jahres-Plan gegeben hatte, versuchte der Premier vor der Presse in Peking, verunsicherte Investoren zu beruhigen. Es sei „unmöglich“, dass die beschlossenen Ziele verfehlt werden.
Der neue Fünf-Jahres-Plan macht eine ehrgeizige Wachstumsvorgabe von 6,5 Prozent jährlich bis 2020. Auch sollen die Einkommen und die Wirtschaftsleistung gegenüber 2010 verdoppelt werden. Da die Wirtschaft aber so langsam wie seit 25 Jahren nicht mehr wächst, will Li Keqiang mit neuen Reformanstrengungen und Innovation neue Triebkräfte für die zweitgrößte Volkswirtschaft schaffen.
Der Premier räumte „tief sitzende Probleme“ ein, „die den Abwärtsdruck verschärft haben“. Es gebe aber „mehr Hoffnung als Schwierigkeiten“. Die wachsende Urbanisierung werde ein wichtiger Treiber für die heimische Nachfrage sein. Auch sollen die Reformen der Staatsunternehmen vorangetrieben werden. „Es gibt viel Raum, um Industrialisierung und Urbanisierung zu fördern.“
Er wies Warnungen vor einer „harten Landung“ zurück. Sollte es Anzeichen für ein Abrutschen der Wirtschaft geben, werde China zu „innovativen Maßnahmen“ greifen. Auch die erhöhte Schuldenlast von Kommunen und Unternehmen sei kein Grund zur Beunruhigung. „Wir sind weiter in einer guten Position, um finanzielle Risiken entschärfen zu können“, versicherte Li Keqiang.
Zum Abschluss der zwölftägigen Sitzung billigten die Abgeordneten auch den Rechenschaftsbericht des Premiers, der für dieses Jahr 6,5 bis 7 Prozent Wachstum vorgibt. Experten gaben sich skeptisch, ob die hohen Wachstumsziele erfüllt werden können. „Es wäre erstaunlich, wenn sie die Vorgabe erreichen würden“, sagte der Wirtschaftsprofessor Hu Xingdou vom Pekinger Technologie-Institut. „Das wird nicht einfach.“
Kritik gab es auch am neuen Fünf-Jahres-Plan, den der Professor einen „Rückschritt“ nannte: „Er betont zu sehr die Macht der Regierung.“ Ähnlich vermissen Europäische Unternehmen den schon 2013 versprochenen Kurs, den Märkten eine „entscheidende Rolle“ einräumen zu wollen. „Es dreht sich alles um den Plan - aber Plan und Markt vertragen sich nicht“, sagte der Präsident der Europäischen Handelskammer, Jörg Wuttke. „Die Reformbemühungen hinken hinterher und sind sehr langsam.“
Nach dem Fünf-Jahres-Plan sollen Forschung und Innovation neue Triebkräfte entwickeln. Der Dienstleistungssektor soll wachsen. Auch sollen Überkapazitäten in der Kohle- und Stahlindustrie abgebaut werden. Li Keqiang hofft, größere Entlassungen vermeiden zu können. Die Regierung verspricht auch hohe Investitionen in die Infrastruktur, mit denen die Wirtschaft angekurbelt werden kann, und mehr Anstrengungen im Umweltschutz.
Zum Abschluss der Tagung herrschte wie schon beim Auftakt schwerer Smog in Peking. Die Messstationen zeigten „sehr ungesunde“ Werte des gefährlichen Feinstaubs, die das Zehnfache des empfohlenen Grenzwertes der Weltgesundheitsorganisation (WHO) überschritten. Für Peking und weite Regionen Nordchinas wurde bis Freitag die dritthöchste Smog-Alarmstufe „Gelb“ ausgerufen.
Die Abgeordneten billigten auch den Haushalt, der einen Anstieg der Verteidigungsausgaben von 7,6 Prozent vorsieht. Der Militäretat wächst wegen der schlechteren Wirtschaftslage zwar so langsam wie seit sechs Jahren nicht mehr, vor dem Hintergrund der Spannungen im Südchinesischen Meer aber immer noch schneller als die Gesamtausgaben mit 7 Prozent. Wegen höherer Ausgaben und geringerer Einnahmen enthält der Haushalt in diesem Jahr ein Rekorddefizit von drei Prozent der Wirtschaftsleistung.
Die live im Fernsehen übertragene Pressekonferenz war noch sorgfältiger inszeniert als bei Li Keqiangs Vorgängern. So mussten ausländische Journalisten vorher ihre Fragen und Themen zur Genehmigung einreichen. Kritische Fragen wurden nicht zugelassen. Fragesteller wurden einzeln ausgesucht und Li Keqiangs Antworten waren vorbereitet, während im Staatsfernsehen der Eindruck erweckt wurde, als wenn alles spontan sei.