Chinas Volkskongress billigt Aufrüstung und Marktreformen

Peking (dpa) - Mehr Markt, robustes Wachstum und ein starkes Militär. Demonstrativ segnete der chinesische Volkskongress den Kurs der neuen Führung ab. Die Aufrüstung Chinas wird in Asien und den USA aber mit Sorge verfolgt.

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Der Volkskongress billigte die überdurchschnittlich starke Steigerung der Militärausgaben. Zum Abschluss ihrer Jahrestagung in Peking nahmen die knapp 3000 Delegierten erwartungsgemäß auch die Reformvorhaben der Führung an, die dem Markt eine „entscheidende“ Rolle einräumen will.

Angesichts des schlimmen Smogs versprach Regierungschef Li Keqiang dem Milliardenvolk, dem Umweltschutz mehr Bedeutung beizumessen und gegen blindes Wachstum anzugehen. Er warnte vor einem schwierigen Jahr.

Die Zustimmung für die kräftige Steigerung der Militärausgaben um 12,2 Prozent und den Haushalt fiel deutlich größer aus als im Vorjahr. Mit großer Mehrheit billigten sie auch den ersten Rechenschaftsbericht des neuen Premiers und sein Ziel für das wirtschaftliche Wachstum von „rund 7,5 Prozent“. Li Keqiang betonte, es sei kein starres Ziel. Wichtig sei auch die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Inflationskontrolle.

Vor dem Hintergrund der Spannungen Chinas mit seinen Nachbarn steigen die Rüstungsausgaben auf 808 Milliarden Yuan (umgerechnet rund 95 Milliarden Euro). Die aufstrebende Großmacht wird nach Berechnungen der Militärexperten von „IHS Jane's“ damit in diesem Jahr mehr für sein Militär ausgeben als Deutschland, Frankreich und Großbritannien zusammen. Nur die USA haben einen höheren Verteidigungshaushalt als China, das auch weit vor Russland liegt.

„Die Anzeichen häufen sich, dass Chinas Führung unter Staats- und Parteichef Xi Jinping eine aktivere Rolle in der Weltpolitik spielen will“, sagte Sebastian Heilmann, Direktor des neu gegründeten Mercator Instituts für China-Studien (MERICS). „China definiert seine Interessen deutlicher. Die militärischen Fähigkeiten steigen.“ China wolle auch über sein eigenes Territorium hinaus Macht entfalten.

Das Pentagon schätzt die tatsächlichen Militärausgaben Chinas sogar noch höher auf 135 bis 215 Milliarden US-Dollar ein. Große Ausgaben wie die Beschaffung von Waffen im Ausland seien nicht im offiziellen Etat enthalten. Die Aufrüstung wird in der asiatischen Region mit Sorge betrachtet. China streitet mit Japan und anderen Nachbarn um Inseln und Rohstoffvorkommen im Ostchinesischen und Südchinesischen Meer. Delegierte sprachen sich während der Tagung ausdrücklich für ein starkes Chinas aus, um seine Interessen durchzusetzen.

Nach Abschluss der neuntägigen Sitzung in der Großen Halle des Volkes setzte sich der neue Premier vor der Presse für ein ausgewogeneres Wachstum ein. China stehe in diesem Jahr vor schwierigen Herausforderungen. „Wir müssen nicht nur Wachstum wahren und den Arbeitsmarkt stabilisieren, sondern auch die Inflation und andere Risiken unter Kontrolle halten“, sagte der Premier.

Der Regierungschef versprach, scharf gegen Korruption auch auf hoher Ebene vorzugehen. Ohne direkt auf den Skandal um den Spitzenpolitiker Zhou Yongkang einzugehen, sagte Li Keqiang: „Wir werden korruptem Verhalten und korrupten Kadern mit null Toleranz begegnen. Egal, wer es ist oder wie hoch seine Position ist.“ In der Affäre wird gegen Verwandte und Vertraute des „Sicherheitszars“ Zhou Yongkang ermittelt, auch wenn das frühere Mitglied im Ständigen Ausschuss des Politbüros selbst noch nicht konkret beschuldigt wurde.

„Li Keqiang steht vor großen Problemen“, sagte der kritische Kommentator Zhang Lifan. „Ich glaube nicht, dass er sie lösen kann.“ Die Reformen stießen auf Widerstand auf lokaler Ebene. Das größte Problem sei aber die konjunkturelle Abschwächung. Die Führung schöpfe ihre Legitimität vor allem aus dem beständigen Wirtschaftswachstum, das jetzt aber immer mehr abnehme.