Clinton im Schleppnetz der Schlapphüte

Der BND soll Gespräche von zwei US-Außenministern abgehört haben. Alles nur „Beifang“?

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Berlin. Es gibt Geschichten, die könnte John le Carré nicht besser erfinden. Diese hier geht so: Der Bundesnachrichtendienst fängt im Nahen Osten zufällig ein Telefonat der amerikanischen Außenministerin ab. In der Geheimdienstzentrale wird eine Abschrift erstellt, später ergeht die Anweisung, das Dokument zu vernichten. Beauftragt damit wird der Mann, der zwei Jahre später als Agent der CIA enttarnt werden wird.

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Abwegig? Mitnichten. Wie die Recherchen mehrerer Medien ergaben, ist US-Außenministerin Hillary Clinton 2012 im Schleppnetz der Schlapphüte gelandet, als sie im Nahen Osten an Bord einer Regierungsmaschine mit Kofi Annan, dem früheren UN-Generalsekretär, telefonierte. Zwar sind die Telefone amerikanischer Regierungsmitglieder in der Regel über Verschlüsselungstechniken geschützt. Clinton sprach jedoch über Satellitentelefon.

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So kommt es nach Angaben aus Sicherheitskreisen vor, dass Gespräche von Politikern befreundeter Staaten in dem Netz landen, das der BND über den Nahen und Mittleren Osten gespannt hat, um islamistischen Terrorgruppen auf die Spur zu kommen. „Beifang“ heißt das im Jargon der Geheimdienste. Der BND hat die Weisung, solche Mitschnitte zu vernichten.

Genau hier wird die Sache interessant. Was geschah mit der Abschrift des Mitschnitts, bevor sie in Pullach zur Vernichtung auf dem Schreibtisch von Markus R. landete, jenem BND-Mitarbeiter, der als mutmaßlicher CIA-Agent in Untersuchungshaft sitzt? Wurde sie womöglich ausgewertet und im BND herumgereicht?

Fest steht: Seit Juli 2013 gibt es eine Anweisung aus dem Kanzleramt, solche Dokumente unverzüglich zu vernichten. Das soll auch mit einem Telefonat von Clintons Nachfolger John Kerry geschehen sein. Laut „Süddeutscher Zeitung“ soll es aber bis zur NSA-Affäre die Weisung gegeben haben, solches Material dem jeweiligen BND-Präsidenten vorzulegen.

Kannte Hillary Clinton den Vorgang, als sie Anfang Juli nach Deutschland kam? Markus R. war kurz vorher aufgeflogen. Unter den 218 Dokumenten, die er den USA geliefert haben soll, war laut „Spiegel“ und „Süddeutscher Zeitung“ auch eine Kopie der Clinton-Mitschrift.

Im Rückblick erscheinen manche Äußerungen Clintons in einem anderen Licht. Das Abhören des Handys von Kanzlerin Angela Merkel sei definitiv falsch gewesen, sagte sie gegenüber „Spiegel online“. „Ich bin zwar nicht mehr in der Regierung, aber nun denn: Es tut mir leid.“ Trotzdem würden die USA nie ein No-Spy-Abkommen mit irgendeinem Land abschließen.

Kerry soll sein Wissen kürzlich bei einem Treffen mit Außenminister Frank-Walter Steinmeier schon genutzt haben. Als es um die CIA-Spionage ging, soll er gesagt haben: Ihr spioniert doch auch. In der Koalition heißt es dazu: Der zufällige Mitschnitt von Telefonaten sei nicht mit der gezielten Ausspähung befreundeter Staaten vergleichbar.