„Das Geld ist irgendwann weg“
Burkhard Hirsch ist gegen Euro-Rettungsschirme, will die FDP-Basis entscheiden lassen und ist doch für Europa.
Herr Hirsch, der Bundestag stimmt über die Ausweitung des Euro-Rettungsschirms EFSF auf 440 Milliarden Euro ab. Säßen Sie im Bundestag, würden Sie dafür die Hand heben?
Hirsch: Nein, ich würde nicht die Hand heben, weil ich nicht glaube, dass mit diesem Schritt die Pleite in Griechenland abgewendet wird. Das Geld ist irgendwann weg, Griechenland ist trotzdem pleite, und Deutschland muss haften. Und dann kommt der ESM mit 770 Milliarden Euro.
Ist das nicht eine Entscheidung, die die Kompetenz eines einzelnen Bundestagsabgeordneten überfordert — einfach wegen der gewaltigen Dimension?
Hirsch: Es ist zumindest nahe an der Grenze, die das Bundesverfassungsgericht erst jüngst in seinem Urteil gezogen hat. Eine so entscheidende Frage für unser Land sollte eigentlich durch einen Volksentscheid entschieden werden. Es geht um die Zukunft mehrerer Generationen.
Sie betreiben zusammen mit Frank Schäffler die Mitgliederbefragung gegen die Installierung des dauerhaften Rettungsschirms, der einen Umfang von 770 Milliarden Euro hat und 2013 starten soll. Warum?
Hirsch: Weil wir der festen Überzeugung sind, dass dieser Schritt falsch ist. Es ist das falsche Instrument, um eine Insolvenz Griechenlands zu verhindern und bedroht die Stabilität des Euros.
Die Pläne der Regierung liegen auf dem Tisch. Was schlagen Sie denn stattdessen vor?
Hirsch: Der Vorschlag von Philipp Rösler hat mir sehr gut gefallen: die geordnete Insolvenz. Dazu ein Schuldenschnitt und eine Art Marshallplan, dann hat Griechenland wieder eine Chance.
Wie viele Stimmen haben Sie zusammen?
Hirsch: Wir sind sicher, dass wir in den nächsten Tagen die notwendigen zirka 3400 Stimmen beisammen haben. Dann würde ein Mitgliederentscheid eingeleitet, ein sehr gutes Instrument, das auch den anderen Parteien gut täte: Denn dann wird die Politik gezwungen, sich zu erklären.
Damit riskieren Sie die Zukunft des Euros und der Koalition. Ist es das wert?
Hirsch: Warten Sie mal ab: Was wir wollen, ist für Griechenland besser als die bisherige Politik. Die läuft auf eine ungeordnete Insolvenz hinaus. Und zur Koalition: Viele in der CSU sind der gleichen Ansicht wie wir.
Sie sind ein liberales Urgestein, treten für Bürgerrechte, Toleranz und eine offene und liberale Gesellschaft ein. Nun finden Sie sich mit Ihrer Euro-Position in ganz anderer Gesellschaft wieder. Sind Sie plötzlich zum Populismus konvertiert?
Hirsch: Natürlich nicht. Ich vertrete die Positionen der Verträge von Maastricht und Lissabon und bin ein überzeugter Europäer. Die gegenwärtige Politik ist dazu geeignet, die europäische Idee zu zerstören. In Athen gibt es keinerlei proeuropäischen Gefühle, in Deutschland immer weniger. Weil die Menschen nicht mitgenommen werden. Warum dürfen die Iren über wichtige europäische Themen per Volksentscheid bestimmen, wir aber nicht? Sind wir etwa dümmer? Doch wohl nicht.
Ein Blick in die Zukunft: Wird es in fünf Jahren noch den Euro geben?
Hirsch: Wird die bisherige Politik so fortgesetzt, bin ich sehr skeptisch.