Das sind die Folgen des Schweizer Votums

Die EU warnt vor negativen Auswirkungen. Eine „Guillotine—Klausel“ kann wichtig werden.

Foto: dpa

Brüssel. Die Schweizer haben sich mit knapper Mehrheit „Gegen Masseneinwanderung“ ausgesprochen. Durch das Ergebnis der Volksabstimmung drohen weitreichende Folgen für die Beziehungen des Landes zur EU. Doch rasche Konsequenzen wird es vermutlich nicht geben.

Die Schweizer wollen mehrheitlich die Zuwanderung durch Höchstzahlen und Kontingente begrenzen. Das soll für Asylbewerber ebenso gelten wie für EU-Bürger, die derzeit aufgrund eines Freizügigkeitsabkommens leicht in dem Land leben und arbeiten oder zu ihrem Job in die Schweiz pendeln können. Wie groß die Kontingente sein und nach welchen Kriterien sie festgelegt werden, ist offen. Firmen sollen zudem Jobs vorrangig an Schweizer vergeben.

Erst einmal keine. Die Schweiz hat drei Jahre Zeit für die Umsetzung. „Der Ball liegt jetzt im Feld der Schweiz“, sagt eine EU-Kommissionssprecherin. Langfristig könnten sich die Beziehungen des Landes zur EU grundlegend ändern. Die Schweizer Regierung erwartet einen „Systemwechsel in der Zuwanderungspolitik“, der „im Widerspruch“ mit dem Freizügigkeitsabkommen mit der EU stehe. Die Eidgenossen wollen nun das Gespräch mit der EU suchen, „um über das weitere Vorgehen und die Aufnahme von Verhandlungen zu diskutieren“.

Mit Sorge und Verärgerung: Die Freizügigkeit sei der EU „heilig“, unterstreicht die Kommissionssprecherin. Die EU und die Schweiz sind eng verbunden — es gibt rund 120 Abkommen zu den verschiedensten Politik- und Wirtschaftsbereichen. Aus der EU kommt nun die Warnung, dass eine einseitige Einschränkung der Freizügigkeit nicht folgenlos für andere Abkommen bleibt. Der Schweiz dürfe keine „Rosinenpickerei“ betreiben, fordert Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD).

Im Fokus sind sieben Abkommen aus dem Jahr 1999, die neben der Freizügigkeit die Teilnahme der Schweiz am EU-Binnenmarkt regeln. „Wenn das eine fällt, fällt auch das andere“, warnt Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn vor einer „Guillotine-Klausel“, nach der alle diese Abkommen ungültig werden könnten, wenn die Schweiz die Freizügigkeit aufkündigt. Sie betreffen etwa Landwirtschaft und Forschung, den Luft- und Landverkehr sowie die öffentliche Auftragsvergabe. Es stellt sich auch die Frage, ob etwa die Teilnahme der Schweiz am Schengenabkommen zum freien Grenzverkehr weiterbestehen kann. Möglicherweise müssten künftig Schweiz-Urlauber an der Grenze ihren Pass zeigen.

In der Wirtschaft, denn die Handelsbeziehungen sind eng: Etwa 80 Prozent der schweizerischen Importe kommen aus der EU, rund 60 Prozent der Schweizer Ausfuhren gehen in die EU. Grundlage ist ein Freihandelsabkommen aus dem Jahr 1972.