David Cameron legt sich mit Trinkern an: Ausnüchterung im Gefängnis

Der britische Premier Cameron setzt im Kampf gegen die Alkoholsucht auf rabiate Maßnahmen.

London. Ein Regierungschef auf Kollisionskurs: Nach seinem Scharmützel mit Brüssel und dem Zoff über die Falklandinseln legt David Cameron sich jetzt mit Kampftrinkern im eigenen Land an. Um den Alkoholmissbrauch auf der Insel einzudämmen, plant der Premier einen „Big Bang“, einen Frontalangriff auf feierfreudige Angelsachsen.

Cameron sagte am Mittwoch beim Besuch einer Notaufnahme in Nordengland: „Ich finde die Zahl jener, die sich öffentlich betrinken und damit Leben ruinieren, Angst verbreiten und Kriminalität verbreiten, mittlerweile beängstigend hoch.“

Doch der liebste Volkssport der Briten gefährdet mittlerweile viel mehr als die Gesundheit der Schluckspechte. Weil Krankenwagen und Spitäler an Wochenenden mit Betrunkenen ausgelastet sind, leidet die Versorgung anderer Notfallpatienten. „Das ist ein nationaler Skandal“, kritisierte er.

Mit einem ganzen Maßnahmenpaket will Cameron den Alkoholmissbrauch nun eindämmen. Ob das gelingt, dürfte allerdings fraglich sein. Hochprozentiges soll zwar über Steuererhöhungen deutlich teurer werden — bis zu 60 Cent extra könnten pro Einheit Alkohol in einer Flasche anfallen.

Das Nationalgetränk Gin würde damit statt derzeit umgerechnet acht Euro pro Flasche 13 Euro kosten. Doch Partyfans, die freitags und samstags britische Innenstädte auf den Kopf stellen, werden sich von ein paar Euro extra kaum bremsen lassen.

Auf sie zielt Cameron nun mit neuen Ausnüchterungszellen in Gefängnissen. Wer in Zukunft also betrunken Unfrieden stiftet, verbringt die Nacht in einem „Fliesenbett“ im Knast — ganz ohne die sonst notwendige, richterlich angeordnete Festnahme. Friedliche, aber gefährdete Betrunkene sollen zudem von der Straße weg in „Schnapsbusse“ gebracht werden.

Das Modell, in dem Sanitäter sie in einem umgebauten Fahrzeug medizinisch versorgen und überwachen, hat sich bereits im Londoner Stadtteil Soho bewährt. Mit staatlicher Hilfe wird es nun auch in anderen Metropolen der Insel etabliert.

Die „Nationale Alkoholstrategie“ entlastet vor allem das staatliche Gesundheitssystem. In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Zahl Betrunkener in Notaufnahmen um 40 Prozent erhöht, die Zahl der Alkoholvergiftungen sogar verdoppelt. Dort werden in Zukunft am Wochenende auch Polizisten patrouillieren, um Ärzte und Pfleger vor randalierenden Patienten zu schützen.

Mediziner beklagen schon lange, dass Hochprozentiges zu „Taschengeld-Preisen“ erhältlich und der gesundheitliche Schaden immens sei. „Wenn alle 14 Tage ein voll besetzter Jumbo-Jet über Großbritannien abstürzen würde, würde die Regierung sofort handeln“, beklagte Sarah Wollaston, die seit Jahren gegen die Trinkkultur der Briten ins Feld zieht, „Alkohol ist für die gleiche Zahl an Toten verantwortlich.“

Der Verband der Bier- und Kneipenindustrie befürchtet durch die geplante Preispolitikden Todesstoß. Schon nach Einführung des Rauchverbots ist die Zahl der Gäste merklich gesunken, die Zahl der Kneipenpleiten gestiegen. „Wir werden noch mehr Jobs verlieren“, warnt die Branche jetzt. Doch auch für sie hat Cameron ein Rezept parat: Sie sollen einfach Getränke mit weniger Umdrehungen produzieren.