Den Haag: Koalition droht Quittung für Sparpolitik

13 Millionen Niederländer wählen am Mittwoch ihre Stadträte. Radikale könnten profitieren.

Ministertpräsident Mark Rutte setzt auf eine Sparpolitik. EPA/JULIEN WARNAND/ dpa

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Amsterdam. Sie singen, posieren in lustigen Spots auf Youtube, schütteln viele Hände und verteilen Rosen. Bis zur letzten Minute kämpfen die Parteien in den Niederlanden um jede Stimme. Am Mittwoch werden die Räte in den knapp 400 Kommunen im Land neu bestimmt. Und die Politiker tun seit Wochen alles, um Stimmen zu gewinnen.

Doch nur jeder dritte Niederländer interessiert sich überhaupt für die Lokalpolitik. „Dabei geht es diesmal wirklich um etwas“, mahnte die liberale Tageszeitung „NRC Handelsblad“. Die Regierung in Den Haag hat nämlich einen Großteil der sozialen Aufgaben an die Kommunen abgegeben. Sie müssen künftig entscheiden, was Arbeitslose, Kranke und Alte in den Niederlanden noch erwarten können. Die Kommunalwahl ist auch der erste Test für die große Koalition aus rechtsliberaler VVD von Ministerpräsident Mark Rutte und der sozialdemokratischen Partei der Arbeit. Alle Zeichen weisen auf herbe Verluste hin.

Den Regierungsparteien droht die Quittung für ihre Spar- und Reformpolitik. Im vergangenen Herbst hatten sie das Ende des sozialen Versorgungsstaates verkündet. Der Bürger müsse selbst mehr für seine eigene Absicherung und die seiner Angehörigen tun, erklärte Ministerpräsident Rutte. Die Folgen fürchten vor allem chronisch Kranke, Behinderte, Sozialhilfeempfänger, Rentner und Mieter.

Gerade den Sozialdemokraten laufen die Wähler in Scharen davon. Und das ist besonders in den großen Städten Amsterdam und Rotterdam zu spüren, einst traditionell rote Hochburgen. In der Hauptstadt sehen die Umfragen die linksliberale D66 vorne. Und in der Hafenstadt Rotterdam könnte der Rechtspopulist Joost Eerdmans mit der lokalen Protestpartei Leefbaar Rotterdam (Lebenswertes Rotterdam) die Macht übernehmen.

Einer, der von der Angst vieler Bürger profitieren will, ist der Rechtspopulist Geert Wilders. Seine Partei für die Freiheit (PVV) tritt zwar nur in den Städten Almere und Den Haag an. Doch diese Wahl ist für den Rechtsaußen eine Bühne für seine Kampagne gegen den Islam und den „sozialen Kahlschlag“ durch die Regierung.

Wilders mischte im Wahlkampf mit, als ginge es um die Macht im Lande. Das tat er mit schrillen Tönen. Er wünschte sich eine Stadt „mit weniger Marokkanern“ polterte er in Den Haag, wo seine Partei die stärkste Kraft werden könnte. Von diesem „Rassismus“ distanzierte sich sogleich die sozialdemokratische Partei deutlich. Ein Abgeordneter verglich Wilders gar mit Adolf Hitler.