Der Spionage-Krimi um Edward Snowden bleibt spannend
30-Jähriger sitzt auf dem Moskauer Flughafen Scheremetjewo fest — obwohl es am Mittwoch kurz anders aussah.
Moskau. In den zuletzt etwas langatmigen Spionagethriller um den früheren US-Geheimdienstler Edward Snowden kommt wieder etwas Spannung — wenn auch mit teils kuriosen Zügen.
Erst tönten russische Nachrichtenagenturen am Mittwoch, nach einem Monat im Transitbereich des Moskauer Flughafens Scheremetjewo habe der 30-Jährige seine Sachen gepackt.
Er könne jeden Moment die Zone verlassen, um sich frei in Russland zu bewegen und hier auf seinen Flüchtlingsstatus zu warten. Quellen: angeblich Sicherheitskreise und der kremlnahe Anwalt Anatoli Kutscherena.
Doch dann die Kehrtwende: Nein, die russische Migrationsbehörde habe noch kein Dokument ausgestellt, mit dem Snowden den Airport verlassen könne. Das sagte derselbe Kutscherena, der zuvor noch mitgeteilt hatte, er sei unterwegs zu Snowden, um ihm den Weg aus der Transitzone freizumachen. Aber im Gepäck hatte er für den gestrandeten Enthüller des US-Ausspähprogramms „Prism“ nur einen Karton mit Pizza, wie die Staatsagentur Itar-Tass meldete.
Auch Bücher der russischen Klassiker Anton Tschechow und Fjodor Dostojewski, darunter dessen Werk „Schuld und Sühne“, habe er Snowden in englischer Übersetzung überreicht, meinte der Jurist. Und frische Hemden habe der von den USA wegen Geheimnisverrats Gesuchte bekommen, weil Snowden seit seiner Ankunft aus Hongkong immer in jenem auf Fotos verewigten grauen Hemd zu sehen sei.
Seit Tagen unterhält Kutscherena, eine zwielichtige Figur des russischen Establishments, die Medien mit eher heiteren Geschichten. Er berichtet von Heiratsanträgen junger Russinnen, Geldspenden und anderen Hilfsangeboten für den Amerikaner. Nur von Snowden selbst gibt es kein neues Lebenszeichen, seit er sich vor zwei Wochen mit Menschenrechtlern und Juristen auf dem Airport zeigte.
Der Computerexperte gebe aus Gründen seiner eigenen Sicherheit kein Interview, erklärt nun Kutscherena, der immer wieder als Snowdens Sprecher auftritt. Dass sein Mandant noch immer kein vorläufiges Dokument zum Verlassen des Flughafens habe, obwohl das russische Gesetz das vorsehe, begründete er im russischen Staatsfernsehen mit dem äußerst komplexen Fall.
Beobachter gehen seit Wochen davon aus, dass Russland auf Zeit spielt. Kremlchef Wladimir Putin hat mehr als einmal deutlich gemacht, dass er Snowden als Problem sieht. Und er warnte ihn wiederholt, den USA nicht mit neuen Enthüllungen zu schaden.