Der Traum der abtrünnigen Schotten

Ministerpräsident Salmond trommelt für die Unabhängigkeit von England — zwei Jahre vor dem Referendum im Herbst 2014.

Edinburgh. Sie angeln Lachse, brennen Whisky und züchten Schafe. Die Schotten sind ein Volk, dem künstliche Aufregung gänzlich fremd zu sein scheint. In den kommenden zwei Jahren soll das anders werden. „Es ist das größte Ereignis in der Geschichte Schottlands“, sagt Angus Robertson.

Er leitet die Wahlkampagne, die bei einem Referendum im Herbst 2014 zur Unabhängigkeit der fünf Millionen Schotten vom ungeliebten Nachbarn England führen soll. Zwei Jahre vor dem Wahltag haben die Unabhängigkeitsfanatiker um Ministerpräsident Alex Salmond am Freitag in Edinburgh den Wahlkampf eröffnet.

Seit 1707 der „Act of Union“ unterzeichnet wurde, gehört Schottland zum Vereinigten Königreich. Der „hübsche“ Bonnie Prince Charles war 39 Jahre später der letzte Braveheart, der es mit Gewalt versucht hatte — zwecklos.

Die Engländer schlugen seinen Aufstand in der Schlacht von Culloden nieder. Salmond versucht es jetzt mit der „etwas anderen Unabhängigkeit“.

„Schottische Probleme sollen von denen gelöst werden, die es am meisten angeht — den Bürgern von Schottland“, rief er am Freitag seinen Anhängern zu. Das britische Pfund will er dabei aber genauso wenig aufgeben wie die Queen als Staatsoberhaupt.

Salmond ist dabei, ein breites Bündnis zu schmieden. Ehemalige Labour-Anhänger gehören der Bewegung inzwischen genauso an wie die schottischen Grünen. Schauspieler wie Sean Connery sind dafür und Musiker wie Folk-Legende Dougie MacLean.

Die Kampagne verweist darauf, dass Großbritannien in keinem guten Zustand ist. Die Arbeitslosigkeit tendiert gegen neun Prozent, der Schuldenberg wird immer größer, die Inflation presst den Menschen das Geld aus den Taschen. „Wir haben es satt“, sagt Robertson.

Zugleich lagern in der Nordsee vor Schottland die Öl- und Gasvorräte Großbritanniens, die mindestens bis 2030 reichen. Dazu kommt, dass sich die Küsten sehr gut für die Gewinnung von Energie aus Wind und Gezeiten eignen. „Wir können weit mehr als 100 Prozent unseres Energiebedarfs aus eigener Kraft bestreiten“, sagt Kampagnen-Leiter Robertson.

Das größte Plus der schottischen Unabhängigkeitsbewegung könnte ausgerechnet London selber werden. „Sie unterschätzen uns“, erklärt Robertson. Bisher liegt die Zustimmung für ein unabhängiges Schottland bei rund 30 Prozent. In zwei Jahren sollen die 50 Prozent erreicht sein.

Premierminister James Cameron will „mit jeder Faser meines Körpers“ den Zusammenhalt Großbritanniens verteidigen. Sprengstoff könnte eine militärische Komponente entfalten. Das gesamte Atomwaffenarsenal der Briten ruht auf U-Booten in schottischen Häfen.