Deutsch-schweizerisches Steuerabkommen steht

Berlin (dpa) - Deutschland und die Schweiz haben sich nach jahrelangem Streit über die Besteuerung von Milliarden-Schwarzgeld in der Alpenrepublik geeinigt.

Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und seine Schweizer Amtskollegin Eveline Widmer-Schlumpf unterzeichneten in Berlin das heftig umstrittene Steuerabkommen.

Eine Ende des Konflikts ist damit aber noch nicht in Sicht. SPD, Grüne, Linke und Gewerkschaften laufen gegen das Abkommen Sturm. Die Länder wollen es über den Bundesrat kippen. Dort haben Union und FDP keine Mehrheit. Schäuble will an dem Regelwerk aber nicht rütteln und lehnt Nachverhandlungen kategorisch ab. Bund, Länder und Kommunen können auf zusätzliche Milliarden-Einnahmen hoffen.

Das Abkommen soll am 1. Januar 2013 in Kraft treten. Schweizer Banken werden damit verpflichtet, auf Alt-Vermögen noch nicht entdeckter deutscher Bankkunden - rückwirkend auf zehn Jahre - einmalig eine Pauschalsteuer zwischen 19 und 34 Prozent an den deutschen Fiskus zu überweisen. Steuerbetrüger hätten damit beiseitegeschafftes Geld anonym legalisiert.

Am Vormittag hatte das schwarz-gelbe Bundeskabinett grünes Licht gegeben. Das Abkommen regelt nicht nur die nachträgliche Besteuerung von Schwarzgeld deutscher Steuerbetrüger, sondern auch die künftige Ertragsbesteuerung bei Schweizer Banken. Für kriminell erworbenes Vermögen - etwa durch Geldwäsche - gilt das Abkommen nicht.

Schäuble nannte das Abkommen einen fairen Interessenausgleich sowie eine angemessene Lösung. Dies sei ein wichtiger Schritt zu einer lückenlosen und gerechten Besteuerung: „Wir beide sind überzeugt, dass wir mit dem Abkommen ein seit Jahren offenes Problem (...) in guter Weise gelöst haben.“ Das Schweizer Bankgeheimnis könne nicht rückwirkend außer Kraft gesetzt werden, sagte er zur umstrittenen Altfall-Lösung. Er geht davon aus, dass die Kritiker überzeugt werden und am Ende auch der Bundesrat zustimmt.

Widmer-Schlumpf sprach von harten, aber fairen Verhandlungen. Das Abkommen sei im Interesse beider Staaten. Deutschland würden zustehende steuerliche Mittel zugeführt, in der Schweiz bleibe die Privatsphäre gewahrt. „Wir wollen keine unversteuerten Gelder in der Schweiz.“ Beide Seiten hätten Zugeständnisse machen müssen. Künftig sollten für Bankkunden nicht nur steuerliche Überlegungen maßgeblich sein bei Geldanlagen. „Auch bei uns sind noch massive Widerstände zu bewältigen“, sagte Widmer-Schlumpf zu den Parlamentsberatungen.

Belastbare Angaben über die Schwarzgeldguthaben in der Schweiz gibt es nicht. Schätzungen zufolge sollen deutsche Anleger zwischen 130 und 180 Milliarden Euro illegal in das Alpenland geschleust haben. Von den nun erhofften Milliarden-Einnahmen ab 2013 erhält der Bund weniger als die Hälfte, der Rest geht an Länder und Kommunen.

Von 2013 an sollen Erträge deutscher Anleger mindestens genau so hoch besteuert werden wie in Deutschland. Auf in der Schweiz kassierte Zinsen und Dividenden soll eine Quellensteuer von gut 26,4 Prozent gezahlt werden. Damit ist eine flächendeckende Besteuerung in der Schweiz gesichert. Auch hier wird das Geld anonym überwiesen.

Ex-Finanzminister Peer Steinbrück (SPD), der die Schweiz mit lockeren Sprüchen mehrfach verägert hatte, lehnt das Abkommen ab. „Lieber kein neues Doppelbesteuerungsabkommen mit der Schweiz als diesen Entwurf“, schreibt er in der Wochenzeitung „Die Zeit“. Die USA hätten die Schweiz gezwungen, die Akten aller US-Steuersünder herauszugeben: „Warum satteln wir nicht wenigstens unsere Pferde?"“, sagte Steinbrück in Anspielung auf seine „Kavallerie“-Aussage.

SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sagte: „Es kann nicht sein, dass die Steuerbetrüger anonym bleiben und dass wir uns vertraglich verpflichten, Hinweisen der Strafverfolgung nicht nachzugehen.“ Grünen-Chef Cem Özdemir monierte: „Schwarz-Gelb verhindert Steuergerechtigkeit und breitet schützend den Deckmantel der Anonymität über Steuerflüchtlinge aus.“ Linken-Chefin Gesine Lötzsch kritisierte: „Jetzt wird den Steuerbetrügern von der Bundesregierung ein goldener Teppich ausgerollt.“

In Zukunft müssen nun auch russische Steuersünder mit Schwarzgeld auf Schweizer Konten zittern: Beide Länder passen ihr Doppelbesteuerungsabkommen den OECD-Standards an. Diese Standards ermöglichen auch eine Amtshilfe bei der Suche nach Steuerflüchtigen. Das neue Abkommen werde am Rande des gegenwärtigen Treffens des Internationalen Währungsfonds in Washington unterzeichnet, bestätigte der Sprecher des Finanzministeriums in Bern, Daniel Saameli, der Nachrichtenagentur dpa.