Deutsche Geiseln auf den Philippinen frei

Manila/Berlin (dpa) - Aufatmen in Deutschland: Zwei auf den Philippinen entführte Deutsche sind nach sechs Monaten in der Hand islamistischer Terroristen wieder frei. Das bestätigten das Auswärtige Amt in Berlin und Polizei und Militär auf den Philippinen.

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Der 72 Jahre alte, aus dem Rheingau stammende Arzt und seine 55 Jahre alte Lebensgefährtin waren im April während einer Segeltour westlich der Philippinen verschleppt worden.

Die Kidnapper der islamistischen Terror-Organisation Abu Sayyaf hatten zuletzt gedroht, den Rentner zu enthaupten, sollte das geforderte Lösegeld von vier Millionen Euro bis Freitag nicht gezahlt werden. Zunächst blieb unklar, ob Geld geflossen ist oder das philippinische Militär die Verschleppten befreit hat.

„Wir sind erleichtert, bestätigen zu können, dass die beiden Deutschen nicht mehr in der Hand ihrer Entführer sind“, sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amts. „Die beiden Deutschen befinden sich gegenwärtig in der Obhut von Mitarbeitern der Botschaft Manila. Wir danken der Regierung der Philippinen für die enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit.“

„Sie sind jetzt in Sicherheit in einem Militärcamp“, sagte Roberto Fajardo, Chef einer Anti-Kidnapping-Einsatzgruppe der philippinischen Polizei. Der 72-Jährige und seine Lebensgefährtin seien von Polizisten in der Stadt Patikul auf der Insel Jolo in Empfang genommen worden.

Der Stabschef des philippinischen Heeres sagte, die beiden würden im Camp zunächst medizinischen Tests unterzogen. „Dann werden sie in die (nahe gelegene) Stadt Zamboanga gebracht, wo sie weiter medizinisch betreut werden, während sie auf den nächstmöglichen Flug nach Manila warten“, erklärte Gregorio Catapang.

Auch in der hessischen Heimat des Arztes und passionierten Seglers wurde die Nachricht mit Freude aufgenommen. „Es ist natürlich befreiend und erfreulich, auch wenn ich ihn persönlich nicht so gut gekannt habe“, sagte ein Berufskollege des 72-Jährigen im Rheingau. „Für die ganze Familie muss das sehr schön sein.“

Einen Tag vor Ablauf des Ultimatums der Islamisten war der Krisenbeauftragte des Auswärtigen Amtes, Rüdiger König (57), zu Gesprächen über die Freilassung auf den Philippinen eingetroffen.

Ein Sprecher der Terrorgruppe betonte in einem Radiointerview, die vor sechs Monaten gekidnappten Deutschen seien gegen Zahlung der geforderten Summe freigelassen worden. „Wir haben das Lösegeld erhalten, keinen einzigen Centavo mehr, keinen weniger“, sagte der Abu-Sayyaf-Sprecher, der sich Abu Rami nennt, dem Sender DXRZ mit Sitz in der Stadt Zamboanga am Freitag in einem Interview weiter.

Philippinische Streitkräfte waren nach dpa-Informationen zuvor eingeschritten, um die Geiseln aus der Hand der Islamisten zu befreien. „Ein Bataillon ist eingerückt“, sagte ein Angehöriger der Streitkräfte, der anonym bleiben wollte. Er sprach von einer „einer Art Rettungsaktion“.

Abu Rami erzählte in dem Interview: „Militärische Einheiten umkreisten unser Camp, als wollten sie versuchen, die Geiseln zu befreien.“ Der Abu-Sayyaf-Sprecher sagte weiter: „Ich wurde so wütend.“ Er habe das Militär gewarnt: „Wenn der Person vor dem Ende des Ultimatums etwas zustößt, sollte die Öffentlichkeit die Regierung der Philippinen dafür verantwortlich machen.“ Rund drei Stunden vor Ablauf des Ultimatums habe er einen Anruf erhalten. Der Mann am anderen Ende der Leitung habe ihm gesagt, er solle auf das Lösegeld warten.

In den vergangenen Monaten waren die beiden deutschen Geiseln von den Entführern mehrfach vorgeführt worden. In Radio- und Videobotschaften flehten sie dabei um Hilfe. Die Terroristen hatten in den vergangenen Tagen den Radiosender in der Stadt Zamboanga mehrfach genutzt, um ihre Forderungen zu verbreiten. Außer Lösegeld verlangte Abu Sayyaf, Deutschland solle seine Unterstützung des Kampfes gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien und im Irak einstellen.

Der philippinische Heereschef Catapang sagte, das Militär werde weiter Jagd auf die Extremisten machen. „Die uneingeschränkte Offensive in der Gegend geht weiter“, erklärte er. „Wir haben ungefähr sieben Bataillone (bis zu 3500 Soldaten) im Einsatz, die nach den anderen gekidnappten Opfern suchen.“

Nach Überzeugung der philippinischen Geheimdienste befinden sich noch zehn weitere Geiseln in der Hand von Abu Sayyaf. Vermisst werden zwei Vogelbeobachter aus den Niederlanden und der Schweiz sowie zwei Malaysier und ein Japaner.

Die Terrorgruppe Abu Sayyaf kämpft im muslimischen Süden der sonst überwiegend katholischen Philippinen für einen eigenen Staat. Die Gruppe hat der IS-Terrororganisation ihre Verbundenheit erklärt. Immer wieder erpresste sie in der Vergangenheit mit Hilfe von Geiseln Geld, um ihren Kampf zu finanzieren. Im Juni hatte die Terrororganisation eine Philippinerin und eine chinesische Touristin freigelassen, die aus einer Hotelanlage entführt worden waren.

Das Auswärtige Amt in Berlin rät, die Insel Mindanao wegen der Gefahr von Entführungen unbedingt zu meiden.

Die Extremisten verübten einige der schlimmsten Terroranschläge, die das südostasiatische Land in den vergangenen Jahrzehnten erlebte. Die Gruppe war im Jahr 2000 auch für die Entführung der deutschen Familie Wallert und 18 anderer Geiseln von einer Taucherinsel in Malaysia verantwortlich. Die Wallerts kamen erst nach mehr als drei Monaten frei - nachdem Millionen Dollar gezahlt worden waren.