Deutsches Todesopfer bei Taliban-Anschlag in Kabul
Kabul/Berlin/Paris (dpa) - Bei einem Selbstmordanschlag in einer Schule der afghanischen Hauptstadt Kabul ist nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur ein Deutscher getötet worden.
Mindestens 20 weitere Menschen wurden verletzt, als sich ein Jugendlicher während eines Theaterstücks gegen Selbstmordanschläge in die Luft sprengte. Einige der 20 überwiegend afghanischen Verletzten schwebten in Lebensgefahr, sagte der Polizeichef von Kabul, Abdul Rahman Rahimi. Am Morgen hatte ein Selbstmordattentäter in Kabul bereits fünf afghanische Soldaten mit in den Tod gerissen.
Das Auswärtige Amt in Berlin wollte zunächst weder bestätigen noch dementieren, dass es sich bei dem getöten Ausländer um einen Deutschen handelt. Über die Identität des getöteten Deutschen gab es zunächst keine Informationen.
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier verurteilte den Anschlag in der französischen Schule und sprach den Opfern und deren Angehörigen sein Mitgefühl aus. „Der Anschlag ist besonders perfide, weil er in einem Kulturinstitut erfolgte, wo Afghanen und Helfer der internationalen Gemeinschaft zu freundschaftlichem Austausch zusammen kommen, und weil er sich gegen eben jene Menschen richtet, die das Land beim Aufbau einer besseren Zukunft unterstützen.“
Der 15 oder 16 Jahre alte Attentäter habe sich als Zuschauer ausgegeben, sagte der amtierende afghanische Innenminister Ayoub Salangi. In der Aula der von Frankreich gebauten Schule, die auch das französische Kulturzentrum für Aufführungen nutzt, wurde gerade das Theaterstück „Herzschlag und Stille nach der Explosion“ aufgeführt, das sich gegen Selbstmordanschläge richtet. Den Sprengstoff habe der Täter in der Unterwäsche versteckt gehabt, sagte Polizeichef Rahimi.
Die Esteqlal-Schule ist eine der angesehensten des Landes. Sie ist eine von zweien, in denen Französisch als Fremdsprache unterrichtet wird. Sie befindet sich in der Nähe des Präsidentenpalastes und des afghanischen Außenministeriums.
Frankreichs Staatspräsident François Hollande bezeichnete den Anschlag als abscheulich. Indem die Terroristen diesen Ort des Dialogs zur Zielscheibe nähmen, hätten sie Kultur und Kreativität im Visier, hieß es in einer Erklärung des Élysée-Palastes. Frankreichs Außenminister Laurent Fabius sprach in Paris von mehreren Toten und zahlreichen Verletzten. Auch er verurteilte den Terrorakt aufs Schärfste. Es sei eine barbarische Tat. In Kabul arbeite die französische Botschaft mit den Afghanen zusammen, um den Verletzten zu helfen, in Kabul und Paris seien Krisenstäbe gebildet worden.
Im vergangenen April war die deutsche Fotografin Anja Niedringhaus in Afghanistan bei einem Attentat getötet worden, als sie im Osten des Landes über die Präsidentenwahl berichtete. Im Mai 2013 war ein deutscher Soldat des Kommandos Spezialkräfte (KSK) von Taliban-Kämpfern in Nordafghanistan getötet worden. Es war der bislang letzte deutsche Soldat, der am Hindukusch gewaltsam ums Leben kam.
Der Nato-Kampfeinsatz in Afghanistan läuft zum Jahresende aus. Bei der Nato-Nachfolgemission „Resolute Support“ mit bis zu 13 000 Soldaten wollen sich die ausländischen Truppen ab 2015 vor allem auf die Ausbildung und Beratung der afghanischen Sicherheitskräfte konzentrieren. Deutschland will sich daran mit bis zu 850 Soldaten beteiligen.