Diplomatischer Triumph für Birma: Asean-Vorsitz 2014
Nusa Dua (dpa) - Birma hat über Jahrzehnte die Menschenrechte des eigenen Volkes mit Füßen getreten und erst vor kurzem die Fesseln der Militärdiktatur abgestreift - zumindest nach Meinung der weiterhin dominierenden Militärs.
Knapp ein halbes Jahr nach den von der Junta zugelassenen Wahlen feiert das Land mit Hilfe der Südostasiatischen Staatengemeinschaft (Asean) einen diplomatischen Triumph. Das Land darf 2014 den Asean-Vorsitz übernehmen, beschlossen die zehn Mitglieder am Donnerstag bei ihrem Gipfeltreffen in Nusa Dua auf der indonesischen Insel Bali.
Die Heimat der erst vor einem Jahr aus jahrelangem Hausarrest entlassenen Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi wird damit in drei Jahren Gastgeberin für zahlreiche Staats- und Regierungschefs, nach heutigem Muster auch aus den USA. Im Anschluss an den Asean-Gipfel findet immer der Ostasien-Gipfel mit Partnerländern aus der Region statt. In diesem Jahr sind erstmals die USA dazu eingeladen. US-Präsident Barack Obama traf am Abend auf Bali ein.
„Es geht nicht darum, in die Vergangenheit, sondern in die Zukunft zu blicken“, sagte der indonesische Außenminister Marty Natalegawa. Asean habe deutliche Fortschritte zur Demokratisierung in Birma gesehen. „Wir wollen mit dieser Entscheidung sicherstellen, dass der Wandel fortgesetzt wird.“ Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch forderte Asean zu klaren Forderungen an die Adresse Birmas auf: das Land müsse alle politischen Gefangenen freilassen, Gesetze streichen, die friedlichen Protest unterbinden, Misshandlungen von Angehörigen ethnischen Minderheiten stoppen und Kriegsverbrechern den Prozess machen.
Birma wurde seit 1962 und bis zum Frühjahr vom Militär regiert. Die Junta ließ im vergangenen Jahr erstmals seit 20 Jahren wählen. Sie sicherte dem Militär mit einer umstrittenen Verfassung zwar sowohl bleibenden Einfluss als auch Schlüsselpositionen der Regierung. Doch sehen Beobachter unter Präsident Sein Thein - der unter der Junta Ministerpräsident war - Anzeichen einer Demokratisierung. So ließ er nach einer Zählung von Human Rights Watch 316 politische Gefangene frei. Weitere 1669 seien aber noch in Gefängnissen, berichtet die Hilfsorganisation AAPP. Birmas Regierung behauptet, es gebe keine politischen Gefangenen. Alle Gefängnisinsassen hätten gegen Strafgesetze verstoßen.
Weil das Regime mehrfach Proteste blutig niederschlug, Menschen wegen ihrer Gesinnung einsperrt und foltert und Minderheiten unterdrückt, haben westliche Länder seit langem Sanktionen verhängt. In der EU gehören dazu unter anderem ein Verbot von Handel mit Waffen und Waren, die zur Unterdrückung der Bevölkerung dienen können sowie Importverbote für bestimmte Hölzer und Edelsteinen.
Seit dem Antritt der neuen Regierung suchen die USA und andere Länder die Annäherung. Im Oktober war Werner Hoyer, Staatsminister im Auswärtigen Amt, in Birma. „Wir glauben, dass alles unternommen werden sollte, um diejenigen zu unterstützen, die mutige Entscheidungen treffen, damit Myanmar in die internationale Gemeinschaft zurückkehren kann“, sagte Hoyer anschließend in Bangkok. „Was wirtschaftliche Zusammenarbeit angeht, könnten wir mehr tun und wir sind bereit dazu.“ Die westlichen Länder erwarteten weitere Reformen, unter anderem die Freilassung aller politischen Gefangenen.
Die Asean-Chefs sprachen auch über Fortschritte im Hinblick auf den geplanten Binnenmarkt bis 2015 sowie den Streit um eine rohstoffreiche Region im Südchinesischen Meer, die China, aber auch Taiwan und die Asean-Mitglieder Philippinen, Vietnam, Malaysia und Brunei teilweise beanspruchen. Diskussionen über einen Verhaltenskodex, um den Disput auf friedliche Weise zu lösen, seien im Gang, sagte Natalegawa. China hat die USA aufgerufen, sich nicht einzumischen. Obama kündigte in Australien am Donnerstag aber ein stärkeres Engagement in Asien an. Unter anderem werden am nächstem Jahr erheblich mehr US-Truppen in Australien stationiert.