Ende Juni geht den Griechen das Geld aus

Linksradikale fordern ein Ende des Sparprogramms. Die EU dürfte das jedoch nicht mitmachen.

Athen. Der Obstverkäufer im Zentrum Athens hat wenig Verständnis für die Volksvertreter: „Die Politiker begreifen nicht, in welchem Zustand das Land ist. Sie machen lieber Schachzüge, als eine Regierung zu bilden“, empört sich der 33-Jährige. Seit klar ist, dass nach den Wahlen vom Sonntag keine Partei alleine regieren kann, wird gefeilscht und gepokert wie noch nie.

Konservative, Linksradikale und Sozialisten konnten sich bislang nicht auf eine Koalitionsregierung einigen. Die Zeit aber läuft den Griechen davon. Das Land hat nur noch Geld bis etwa Ende Juni. Dann muss die nächste Finanzspritze kommen. Das grüne Licht dafür müssen die Kontrolleure der Geldgeber geben, doch diese wollen eine handlungsfähige Regierung sehen, wenn sie Anfang Juni nach Athen kommen.

Im Mittelpunkt des Hickhacks steht das Bündnis der Radikalen Linken (Syriza). Ihr Chef Alexis Tsipras hat Syriza von einer Protestpartei mit 4,6 Prozent Ende 2009 auf stolze 16,8 Prozent geführt. Eine wichtige Rolle bei dem Aufstieg hat gespielt, dass die Einkommen der Mittelschicht und der Arbeiterklasse in der Krise praktisch eingebrochen sind.

Hunderttausende haben mehr als ein Viertel ihres Verdienstes verloren. Jeder zweite junge Mensch ist arbeitslos. „Ein Becken, in dem man mit Versprechungen endlos nach Stimmen angeln kann“, meinen Analytiker. Auch die EU trage einen Teil der Verantwortung. Seit drei Jahren verlören die Menschen ihre Arbeit und hörten von Investitionen, „die kommen, aber nicht ankommen“. Dies führe zur Radikalisierung.

Tsipras verspricht, das Sparprogramm zu annullieren. Was kommt, wenn den Griechen dann der Geldhahn zugedreht wird, will er nicht genau sagen. „Wir werden die Banken unter staatliche Kontrolle stellen“, sagt einer seiner Mitarbeiter. Eine irrige Vorstellung, meinen Beobachter. Die Radikallinken glaubten, in den Räumen der Banken gebe es Berge von Geld.

Neuwahlen binnen eines Monats scheinen die Lösung. Bei der Wahl am Sonntag hätten die Griechen die Politiker abgestraft, die für Vetternwirtschaft und Korruption verantwortlich seien: „Vielleicht werden bei den nächsten Wahlen die Bürger sagen, wie das Land regiert werden soll“, urteilte ein Radiokommentator.