Überlebende von Utøya: Breivik bejubelte seine Morde
Oslo (dpa) - Mit schrecklichen Details über anderthalb Stunden äußerster Todesangst haben die Zeugenaussagen vom Massaker auf der norwegischen Insel Utøya begonnen.
„Ich bin sicher, dass ich gehört habe, wie er nach Treffern in Jubel ausgebrochen ist“, sagte die 24- jährige Tonje Brenna vor Gericht in Oslo über den Massenmörder Anders Behring Breivik, der auf Utøya 69 Menschen tötete.
Die Generalsekretärin der sozialdemokratischen Jugendorganisation AUF überlebte am 22. Juli letzten Jahres, weil sie sich mit zum Teil schwer verletzten Teenagern in einer Felsspalte nahe dem „Liebespfad“ verstecken konnte und die meiste Zeit tot stellte.
Der rechtsradikale Täter, der erstmals in einer hinteren Reihe des Gerichtssaales Platz nehmen musste, schüttelte bei der Aussage über seine Jubelrufe den Kopf. Er verlangte später erfolglos von Richterin Wenche Elizabeth Arnzten die Genehmigung, Brenna Fragen zur Politik ihrer Organisation zu stellen.
Unmittelbar vor deren Aussage war das Gericht weiter die Liste von Obduktionsberichten der 69 meist jugendlichen Todesopfer von Utøya durchgegangen. Das jüngste war die gerade 14 Jahre alt gewordene Sharidyn Svebakk-Bohn. Breivik hatte sie mit zwei Schüssen in den Rücken getötet. In Gedenkworten für das Mädchen, die eine Anwältin im Beisein der weinenden Adoptiveltern verlas, hieß es, dass Sharydin gerne Modeschöpferin werden wollte.
Brenna berichtete als erste der als Zeugen geladenen Überlebenden, wie sie vor dem Versammlungshaus auf Utøya plötzlich sah, dass vor ihr zwei Jugendliche von Schüssen getroffen waren und umfielen. Danach habe es eine chaotische Fluchtbewegung quer über die Insel gegeben. Sie sagte nach den Mitschriften aus dem Gerichtssaal durch norwegische Medien: „Man hatte die ganze Zeit ein Gefühl von Aussichtslosigkeit.“
Als weiterer Überlebender berichtete der Norweger Bjørn Ihler. Sein Landsmann Oddvar Hansen sagte darüber aus, wie er vom Festland aus mit seinem Boot Jugendliche von Utøya gerettet hatte.
Ob der Massenmörder als schuldfähig oder nicht eingestuft wird, gilt als entscheidende offene Frage bei dem bis Ende Juni angesetzten Prozess. Breivik hatte am 22. Juli kurz vor dem Massaker mit einer Bombe in Oslo acht Menschen umgebracht. Er begründet sein Verbrechen als „notwendig“ beim Kampf gegen islamische Zuwanderer und die Befürworter einer multikulturellen Gesellschaft. Das Urteil soll Ende Juli verkündet werden.