Erneut Schwarzer von weißem US-Polizisten erschossen
Washington (dpa) - Nach einem weiteren Fall tödlicher Gewalt eines weißen Polizisten gegen einen Schwarzen hat eine landesweite Protestwelle die USA erfasst. Im Staat Arizona wurde ein vierfacher Familienvater, der seine Hand nicht aus der Hosentasche nehmen wollte, nach einer Polizeikontrolle erschossen.
In der Nacht zum Freitag (Ortszeit) gingen Menschen in Phoenix sowie Tausende in Städten in ganz Amerika aus Protest auf die Straße.
Der 34-jährige Rumain Brisbon hatte seinen Kindern am Dienstag lediglich Essen bringen wollen, berichtete der TV-Sender NBC am Freitag. Laut „Arizona Republic“ verfolgte der Polizist Brisbon, bis es vor dessen Wohnung zu einem Handgemenge gekommen sei.
Der Polizist habe vermutet, dass Brisbon eine Waffe habe, und zweimal geschossen. Tatsächlich hatte der Familienvater Schmerztabletten in der Tasche. Der Fall sei zwar „schlecht geendet“, doch der Polizist habe genau gehandelt, wie er sollte, sagte Polizeisprecher Trent Crump laut NBC.
In New York und anderen Städten kam es die zweite Nacht in Folge zu massiven Protesten. Allein in der Millionenmetropole demonstrierten laut „New York Post“ rund 7000 Menschen vor dem Hauptrevier der Polizei. Etwa 1500 Leute beteiligten sich an einem Marsch in Harlem. Die Demonstranten blockierten unter anderem die Brooklyn Bridge und die wichtige Umgehungsstraße West Side Highway.
Am Union Square, einem zentralen Platz der Stadt, an dem auch die „Occupy Wallstreet“-Proteste begonnen hatten, versammelten sich ebenfalls Hunderte. Im New Yorker Bezirk Brooklyn inszenierten Demonstranten ein „Die-In“ mit Papp-Särgen, auf denen Namen von Opfern der Polizeigewalt standen. Die „New York Post“ berichtete von rund 100 Festnahmen, vor allem wegen Verkehrsblockaden.
Auch aus der Hauptstadt Washington, aus Chicago, Boston, Baltimore, Atlanta und Seattle an der Westküste wurden Demonstrationen und Straßenblockaden gemeldet. In Washington inszenierten rund 100 Menschen in der Nähe des Weißen Hauses ebenfalls ein „Die-In“. In Boston wurden laut Polizei zehn Demonstranten festgenommen. Tausende hatten dort Straßen und die U-Bahn blockiert. Auch in Chicago wurden Demonstranten festgesetzt.
Anlass der Proteste war neben dem neuen Fall aus Phoenix der Beschluss von Geschworenen am Mittwoch, einen weißen Polizisten für den Tod des schwarzen Eric Garner im New Yorker Bezirk Staten Island nicht zur Rechenschaft zu ziehen.
Der Polizist hatte Garner bei der Festnahme wegen angeblich illegalen Zigarettenhandels in den Würgegriff genommen. Dessen Hilferufe, er bekomme keine Luft mehr, ignorierte er. Der asthmakranke Schwarze, ein sechsfacher Familienvater, starb wenig später.
Hintergrund waren außerdem Entscheidungen von Geschworenen in Ferguson (Missouri) und Cleveland (Ohio), auf eine Anklage weißer Polizisten zu verzichten, die unbewaffnete Bürger erschossen hatten. In Ferguson war der Schwarze Michael Brown durch die Schüsse eines Polizisten gestorben. In Cleveland wurde ein zwölfjähriger Schwarzer erschossen, der eine Pistolenattrappe in der Hand hielt.
New Yorks Bürgermeister Bill de Blasio versprach, eine Polizeireform durchzusetzen. Die „New York Times“ berichtete, dass rund 22 000 Polizisten der Stadt in Kursen lernen sollen, wie sie Krisenlagen entschärfen können, bevor sie zur Waffe greifen.