EU-Gipfel: Für Wirtschaftsunion, gegen weitere Beitritte
Merkel fordert verbindliche Vereinbarungen jedes Staates mit der EU über die eigenen Ziele.
Berlin. Nichts weniger als eine grundlegende Reform der EU stand ursprünglich auf dem Programm des Gipfel-Treffens, das am Donnerstagabend in Brüssel begann. Doch so schnell geht es offenbar nicht. Kanzlerin Angela Merkel erwartete kurz vor ihrer Abreise in ihrer Regierungserklärung vor dem Bundestag nur noch „einen Fahrplan“ für künftige Veränderungen. „Dann wäre ich zufrieden“, sagte sie.
Neben die Währungsunion solle künftig auch eine echte europäische Wirtschaftsunion treten. „Wir stehen bei der wirtschaftspolitischen Koordinierung ganz am Anfang“, sagte die Kanzlerin. Das ist ein indirektes Eingeständnis, dass die 2000 beschlossene „Lissabon-Strategie für Wachstum und Beschäftigung“ nicht so recht funktioniert hat.
Bisher schicken die Mitgliedsländer ihre Pläne jährlich nach Brüssel, wo dann Anmerkungen und Kommentare gemacht werden. Merkel schweben nun verbindliche Vereinbarungen jedes Staates mit der EU über seine jeweiligen Ziele vor.
Seit EU-Ratspräsident Hermann van Rompuy im Sommer ein Anreizsystem für wirtschaftliche Reformen vorschlug, hat die Idee viele europäische Regierungen elektrisiert. Aus deutscher Sicht allerdings voreilig. Berlin fürchtet, dass hier nur eine weitere Kasse aufgemacht wird — in die Deutschland einzahlt. Solche Anreize müssten gezielt und begrenzt sein, wird in Berlin betont. „Nur oberflächliche Veränderungen dürfen kein Vorwand sein, um sich neue Geldquellen zu erschließen“, meinte Merkel.
Die Euro-Rettung steht ausnahmsweise nicht im Vordergrund der Gipfel-Beratungen. Merkel redete nur noch darüber, „was schon erreicht wurde“. Die Defizite seien halbiert worden, die Banken würden strenger reguliert, der Fiskalpakt sowie der langfristige Rettungsschirm stünden und die Finanztransaktionssteuer komme in elf Ländern. „Die Reformen zeigen erste Erfolge, sie zeigen Wirkung“, war die Botschaft der Kanzlerin zu Weihnachten. Was Oppositionsführer Sigmar Gabriel (SPD) unter Hinweis auf die europaweit stark gestiegene Jugendarbeitslosigkeit und die billionenschweren Haftungsrisiken zu der Bemerkung verleitete: „Schöne Bescherung.“
Ein drittes europäischen Thema ist für Merkel offenbar vorerst tabu: Weitere Beitritte. Im nächsten Sommer komme zwar voraussichtlich Kroatien dazu, aber für die Aufnahme neuer Beitrittsverhandlungen sei „die Zeit nicht reif“. Es habe sich, meinte die Kanzlerin, etwas geändert durch die Krise: „Wir schauen heute genauer hin“. Dem widersprach im Bundestag niemand.