EU und USA verstärken mit neuen Sanktionen Druck auf Moskau
Washington/Brüssel (dpa) - Nach der Europäischen Union haben auch die USA wegen der Ukraine-Krise neue Sanktionen gegen Russland verhängt.
Die Strafmaßnahmen zielen diesmal besonders auf den russischen Finanz-, Energie- und Rüstungsbereich. Moskau kritisierte die Beschlüsse als kontraproduktiv für eine friedliche Lösung des Konflikts in der Ostukraine. Präsident Wladimir Putin kündigte am Freitag an, seine Regierung werde Gegensanktionen vorbereiten. Das von Moskau kritisierte Freihandelsabkommen zwischen der EU und Ukraine soll indes erst mit Verzögerung in Kraft treten.
Die neuen Strafmaßnahmen des Westens kritisierte Putin als „wenig effektiv“. Sie seien „antirussisch“ und würden nicht zur Lösung des Konflikts beitragen, sagte Putin in der tadschikischen Hauptstadt Duschanbe. Ansonsten zeigte sich der Kremlchef gelassen: „Je weniger unsere Beamten und Unternehmenschefs ins Ausland reisen und je mehr sie sich stattdessen um die laufenden Geschäfte kümmern, desto besser.“
Russland erwägt als Reaktion auf westliche Sanktionen ein Überflugverbot für ausländische Airlines sowie einen Importstopp für westliche Autos. Wirtschaftsminister Alexej Uljukajew drohte zudem mit mit Einfuhrbegrenzungen für technische Geräte und Produkte aus der Petrochemie.
Die Führung in Moskau wolle diese „Politik der Strafmaßnahmen“ nicht, sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow dem TV-Sender Rossija-1. „Aber wir müssen unsere Interessen schützen“. Weiter sagte Lawrow: „Wer Strafmaßnahmen in einem Moment erlässt, in dem sich der Friedensprozess in der Ukraine festigt, unterhöhlt diesen Prozess.“
Mit der Veröffentlichung im Amtsblatt hatte die Europäische Union am Freitag sechs große russische Energie- und Rüstungsunternehmen von der Geldbeschaffung auf den EU-Kapitalmärkten abgeschnitten. So dürfen Anleihen der Ölfirmen Rosneft, Transneft und Gazprom Neft ab sofort nicht mehr an den Finanzmärkten der EU gehandelt werden.
Die neuen Sanktionen waren erst nach langem Ringen der 28 EU-Staaten in Kraft gesetzt worden. EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy stellte noch vor der Veröffentlichung klar, dass die Sanktionen noch vor Monatsende überprüft und möglicherweise geändert werden. Dies hänge von Moskaus weiterem Verhalten in der Ukraine ab.
Zu den neuen US-Sanktionen gehören wie bei der EU auch ein Verbot von Exporten und Dienstleistungen für die Förderung von Öl in der Tiefsee und in der Arktis sowie für die Schieferölförderung. Darunter fallen auch die russischen Energieriesen Gazprom, Gazprom Neft und Lukoil.
„Russlands ökonomische und diplomatische Isolierung wird weiter wachsen, so lange seine Taten nicht seinen Worten entsprechen“, sagte US-Finanzminister Jack Lew. Regierungsbeamte in Washington betonten zugleich, dass sie die Strafmaßnahmen zurückfahren würden, sollte Moskau an einem langfristigen Waffenstillstandsabkommen in der Ukraine mitarbeiten und weitere Schritt der Intervention unterlassen.
Auf einer EU-Liste von Unternehmen, an die keine Produkte mehr geliefert werden, die sowohl zivil als auch militärisch genutzt werden können, stehen der Hersteller der bekannten Kalaschnikow-Sturmgewehre sowie Almas-Antej. Das Unternehmen produziert unter anderem das Raketensystem Buk, mit dem im Juli die malaysische Passagiermaschine MH17 über der Ostukraine abgeschossen worden sein soll.
Die ukrainische Regierung schätzt die Schäden durch den monatelangen Krieg im Osten des Landes auf bisher etwa 700 Millionen Euro. Mehr als 11 000 Gebäude seien durch die Gefechte zwischen der Armee und prorussischen Separatisten weitgehend zerstört worden, sagte Vizeregierungschef Wladimir Groisman am Freitag in Kiew. Laut UN kamen bei den Gefechten bisher insgesamt 3000 Menschen ums Leben.
Das von Moskau kritisierte Freihandelsabkommen zwischen der EU und Ukraine soll später in Kraft treten als geplant. „Wir haben vereinbart, die provisorische Anwendung bis zum 31. Dezember nächsten Jahres zu verzögern“, sagte EU-Handelskommissar Karel De Gucht am Freitag in Brüssel nach Gesprächen mit dem russischen Wirtschaftsminister Uljukajew und dem ukrainischen Außenminister Pawel Klimkin. Der EU-Ministerrat müsse diesem Vorschlag aber noch zustimmen.
Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hatte zuvor in Kiew angekündigt, das Partnerschaftsabkommen zwischen der EU und der Ukraine solle am 1. November in Kraft treten. Der Freihandelspakt ist ein wichtiger Bestandteil des Partnerschaftsabkommens.