Europa-Politiker unter Korruptionsverdacht
Parlamentarier ließen sich offenbar von falschen Lobbyisten locken. Zwei von ihnen sind mittlerweile zurückgetreten.
Brüssel. Mehrere Europa-Parlamentarier haben sich offenbar zur Bestechlichkeit verleiten lassen. Journalisten der britischen Zeitung „Sunday Times“ gaben sich als Lobbyisten aus, die Einfluss auf politische Entscheidungsprozesse nehmen wollten. Für 100 000 Euro waren drei von 60 Parlamentariern anscheinend zu einem Jahr Lobbyarbeit bereit. Zwei von ihnen traten mittlerweile zurück. Die kooperationswilligen Volksvertreter hätten „bestellte“ Gesetzesänderungen angestoßen. Videomaterial der Zeitung zeigt den ehemaligen österreichischen Innenminister Ernst Strasser: Er arbeite bereits für fünf „Klienten“ als Lobbyist, sagte er in dem Video. Das EU-Parlament wisse von nichts.
Der Christdemokrat hat sein Abgeordnetenmandat inzwischen zurückgegeben. Im Nachhinein wollte er nur zum Schein mitgespielt haben: „Die Vermutung war, dass es um eine geheimdienstliche Angelegenheit ging“, sagte er dem Fernsehsender ORF.
Auch zwei sozialdemokratische Abgeordnete ließen sich laut der Zeitung auf Lobby-Geschäfte ein: der ehemalige Außenminister Sloweniens, Zoran Thaler, und Rumäniens Ex-Außenminister Adrian Severin. Thaler trat zurück, Severin weigerte sich. Seine Fraktion entband ihn aber von allen Funktionen und schlug vor, das Mandat niederzulegen.
Die Anti-Lobby-Gruppe Alter-EU warnte: „Dieser Skandal könnte nur die Spitze des Eisbergs sein.“ Bisher gibt es bei der EU keine Registrierungspflicht für Lobbyisten — und damit eine große Grauzone. Die Vizepräsidentin des EU-Parlaments, Diana Wallis, kündigte eine Untersuchung an.