Fakten-Check: So süß ist das Leben in Südeuropa wirklich
Gehen Spanier und Co. zu früh in Rente, wie Kanzlerin Merkel kritisiert?
Brüssel. Fröhlicher Lenz am Mittelmeer? Nicht wirklich: Portugiesen, Spanier und Griechen sind ähnlich alt wie Deutsche, wenn sie in Rente gehen — und arbeiten mehr Stunden im Jahr. Das zeigen EU-Statistiken. Zudem haben sie weniger Urlaub als Arbeitnehmer in Deutschland.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kannte die Statistiken wohl nicht: Sie hatte einen früheren Renteneintritt und ein höheres Urlaubspensum in südeuropäischen Ländern kritisiert.
Griechen haben nach EU-Angaben im Schnitt 23 Tage Urlaub im Jahr. Zudem gibt es elf gesetzliche Feiertage. Wer in Deutschland arbeitet, hat 30 Urlaubstage und 10,5 gesetzlich Feiertage. In Portugal und Spanien stehen Arbeitnehmern je 22 Urlaubstage zu; es gibt 14 beziehungsweise 13 Feiertage. Der europaweite Durchschnitt liegt bei 23 Urlaubs- und 10,5 Feiertagen.
Ein Beschäftigter arbeitet in Griechenland jährlich 1816 Stunden — deutlich mehr als in Deutschland, hier sind es 1655 Stunden. Auch in Spanien und Portugal arbeiten die Menschen mehr als in Deutschland.
In Griechenland sollen Bürger künftig mit 65 Jahren in Rente gehen. Derzeit hören sie nach EU-Angaben mit 61,5 Jahren auf zu arbeiten — europaweit beträgt der Schnitt 61,4 Jahre. In Portugal liegt das gesetzliche Renteneintrittsalter ebenfalls bei 65 Jahren. Die Menschen gehen tatsächlich aber mit 62,6 Jahren in Rente.
In Deutschland verabschiedet sich ein Bürger im Schnitt mit 62,2 Jahren in den Ruhestand. In Spanien hören die Menschen mit durchschnittlich 62,3 Jahren auf zu arbeiten. Offiziell soll das gesetzliche Renteneintrittsalter wie in Deutschland von 65 auf 67 Jahren steigen.
Das hängt stark vom Land ab. In Deutschland haben 57,7 Prozent der 55- bis 64-Jährigen eine Stelle, wie die europäische Statistikbehörde Eurostat ermittelt hat. In Griechenland arbeiten lediglich 42,3 Prozent der Älteren, in Spanien 43,6 Prozent und in Portugal 49,2 Prozent.
Zum Vergleich: In Schweden sind 70,5 Prozent aller Menschen in dieser Altersgruppe erwerbstätig.
Wie stark die Unternehmen eines Landes sind, zeigt die Wirtschaftsleistung — das Bruttoinlandsprodukt (BIP) — je Beschäftigtem. Deutschlands Produktivität liegt wie die Spaniens über dem EU-Schnitt, zeigen Eurostat-Daten. Griechenland liegt knapp unter dem europäischen Schnitt.
Portugals Produktivität beträgt lediglich etwa 75 Prozent der EU-Durchschnittsstärke. Ebenfalls teils deutlich unter dem europäischen Schnitt liegen osteuropäische Länder.