Wütender Mob attackiert ein Lager der Bundeswehr
Protest gegen Operation der Isaf eskaliert blutig. Bis zu zwölf Menschen sterben.
Talokan/Berlin. Bei einer gewaltsamen Demonstration vor einem Bundeswehrcamp in Nordafghanistan sind bis zu zwölf Zivilisten getötet sowie drei deutsche Soldaten und vier afghanische Wachleute verletzt worden. Auslöser der Proteste am Mittwoch waren Vorwürfe gegen die Internationale Schutztruppe Isaf, sie habe zuvor vier Zivilisten getötet. Nach Isaf-Angaben handelte es sich dagegen um Aufständische. Die deutschen Soldaten wurden verletzt, als Demonstranten Handgranaten und Molotowcocktails warfen.
Zwei Deutsche seien leicht, einer „mittelschwer“ verwundet worden, teilte das Einsatzführungskommando der Bundeswehr mit. Die Soldaten würden im Wiederaufbauteam Kundus medizinisch versorgt.
Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) sagte, es sei unklar, ob deutsche Soldaten auf Demonstranten geschossen hätten. Dies werde untersucht. Die Lage in der Provinzhauptstadt Talokan, wo sich das Bundeswehrlager befindet, sei am Nachmittag ruhig gewesen. Nach Angaben des Ministers waren aber neue Demonstrationen angekündigt worden.
Die Bundeswehr teilte mit, an der Demonstration gegen die vorangegangene Isaf-Aktion hätten sich etwa 100 Menschen beteiligt. Afghanische Polizisten versuchten demnach zunächst mit Warnschüssen, die Demonstration aufzulösen. Daraufhin seien die Protestierenden in Richtung Innenstadt gezogen und hätten Geschäfte und Autos in der Nähe des Camps zerstört. Später seien die Demonstranten zurückgekehrt. Die Lage sei eskaliert, dabei seien die deutschen Soldaten und die afghanischen Wachmänner verletzt worden.
Die Menschen in Talokan demonstrierten gegen eine Isaf-Operation in der Stadt in der Nacht, bei der zwei Frauen und zwei Männer getötet wurden. Der Polizeichef, Schah Dschehan Nuri, sagte: „Sie waren alle Zivilisten.“ Er verurteilte die Operation, die nach seinen Worten nicht mit afghanischen Sicherheitskräften abgesprochen war. Deutsche Soldaten hatten an dem Isaf-Einsatz nach Angaben der Bundeswehr nicht teilgenommen.
Die Nato-geführte Isaf teilte mit, es habe sich um Angehörige der Islamischen Bewegung Usbekistans gehandelt. Afghanische und ausländische Truppen hätten die vier Aufständischen — zwei Männer und zwei bewaffnete Frauen — getötet. Bei den ausländischen Kräften bei nächtlichen Operationen handelt es sich in der Regel um US-Spezialeinheiten. Die Bundeswehr unterhält in Talokan nur ein kleines Camp. Dort sind nach Bundeswehrangaben 44 deutsche Soldaten eingesetzt.
Die Grünen machen den Zwischenfall zum Thema im Bundestag. Der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele erklärte, der Vorfall nähre den Verdacht, „dass Razzien und gezielte Tötungen von US-,Kill Teams’ zu Destabilisierung und mehr Unsicherheit im Verantwortungsbereich der Bundeswehr führen“. Er habe dazu für die nächste Fragestunde des Bundestags eine entsprechende Anfrage an die Bundesregierung eingereicht.