FBI dementiert Berichte über Festnahme nach Anschlag in Boston

Boston (dpa) - Nach dem tödlichen Terroranschlag auf den Boston-Marathon hat die Polizei Medienberichte über die angebliche Festnahme eines Verdächtigen dementiert. Die Bundespolizei FBI machte in ihrer Mitteilung am Mittwoch keine Angaben zu der Frage, ob es einen Verdächtigen gebe.

Das FBI wollte am Mittwoch um 2300 MEZ vor die Presse treten. Bei dem Anschlag auf den Boston-Marathon waren am Montag drei Menschen getötet worden, mehr als 180 wurden verletzt. Die Bomben bestanden ersten Ermittlungen zufolge aus Schnellkochtöpfen, Nägeln, Metallkugeln und Schwarzpulver.

Mehrere US-Sender spekulierten, die Ermittler könnten einen Verdächtigen im Visier haben, der aber noch nicht festgenommen worden sei. Zuvor war berichtet worden, ein Verdächtiger sei anhand von Bildern der Videoüberwachung identifiziert worden. Weitere Einzelheiten wurden zunächst nicht bekannt. Das FBI rief die Medien dazu auf, keine Gerüchte und Vermutungen als Fakten darzustellen.

Die Zeitung „Boston Globe“ berief sich auf Ermittlungen, wonach ein Verdächtiger am Ort der zweiten Explosion in der Boylston Straße eine schwarze Tasche getragen und womöglich dort abgelegt hat. Zuvor hatten die Behörden mitgeteilt, es gebe kein Bekennerschreiben. Die Spekulationen über die Täter reichten von einem Anschlag islamistischer Terroristen bis hin zu einem fanatischen Einzeltäter mit unbekannten Motiven. Als Konsequenz kommen weltweit Sicherheitskonzepte großer Sportveranstaltungen auf den Prüfstand.

Die Sprengsätze an der Marathonstrecke hatten am Montag drei Menschen in den Tod gerissen und mehr als 180 verletzt. Bei den Todesopfern handelt es sich um einen achtjährigen Jungen, eine 29 Jahre alte Amerikanerin und eine Studentin aus China. Am Mittwoch schwebten immer noch zwei Verletzte in Lebensgefahr. Der Zustand von zehn weiteren sei ernst, meldete der US-Sender CNN unter Berufung auf das Bostoner Traumazentrum.

Am Mittwoch entdeckten Ermittler laut CNN den Deckel eines Kochtopfes auf dem Dach eines Hauses in der Nähe der Ziellinie des Marathons. Bomben mit Schnellkochtöpfen als Komponenten wurden bereits früher bei Attentaten etwa in Afghanistan, Indien, Nepal oder Pakistan verwendet, spielten aber auch bei dem vereitelten Anschlag auf den Straßburger Weihnachtsmarkt im Dezember 2000 eine Rolle.

Die Ermittler hofften auf den entscheidenden Tipp aus der Bevölkerung. „Irgendjemand weiß, wer dies getan hat“, sagte Rick DesLauriers von der Bundespolizei FBI am Dienstag (Ortszeit). Konkret suche die Polizei nach Hinweisen zu schwarzen Nylontaschen, in denen die Sprengvorrichtungen wohl an den Ort der Explosionen transportiert worden seien. Zudem setzte die Polizei auf Hinweise aus den vielen tausend Fotos und Videos, die während des Marathonlaufs entstanden.
Mehr als 1000 Ermittler aus 30 US-Bundesstaaten sind im Einsatz.

Präsident Barack Obama will an diesem Donnerstag an einem Gedenkgottesdienst für die Anschlagsopfer in Boston teilnehmen. Die Flaggen an öffentlichen Gebäuden im Land wehen bis Samstagabend auf halbmast. Bereits am Dienstagabend erinnerten Hunderte Menschen bei kurzfristig organisierten Gedenkfeiern in Boston an die Opfer.

Bei einer speziell für den achtjährigen Martin Richard organisierten Trauerfeier kamen Hunderte Menschen in einem Park im Vorort Dorchester zusammen. Der Junge hatte zusammen mit seiner Familie den Zieleinlauf verfolgt, als die Bomben explodierten. Der trauernde Vater Bill Richard bestätigte, dass seine Frau schwer verletzt wurde und seiner Tochter ein Bein amputiert werden musste. Das dritte Kind blieb unverletzt.

Die US-Behörden haben nach CNN-Informationen bisher keine Hinweise darauf, dass das Terrornetzwerk Al-Kaida oder eine andere ausländische Gruppe hinter dem Anschlag von Boston steckt. Der US-Sender berief sich mit seinen Informationen am Dienstagabend (Ortszeit) auf eine namentlich nicht genannte Pentagonquelle.

Demnach stufen die Behörden einen am Montag vernommenen jungen Mann aus Saudi-Arabien nicht als tatverdächtig ein. Der Student war bei der Explosion verletzt worden und aufgefallen, weil er wegzurennen versuchte. CNN zufolge gab er bei der Vernehmung in einem Krankenhaus an, dass er einfach Angst gehabt habe. Die Behörden glaubten ihm.

Als Reaktion auf den Terrorakt will London vor dem Marathon am Sonntag mehr Polizisten einsetzen. Zum Marathon in Hamburg ist keine Erhöhung der Sicherheitsstufe geplant. Olympia ist nach Meinung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) sicher. IOC-Präsident Jacques Rogge äußerte Vertrauen in die Maßnahmen, über die etwa die Macher der Olympischen Winterspiele 2014 im russischen Sotschi und der Sommerspiele 2016 in Rio de Janeiro nachdenken. „Wir haben gut entwickelte Pläne, die alle Eventualitäten abdecken“, sagte er. Die Veranstalter in Boston kündigten an, den traditionsreichen Marathonlauf auch im kommenden Jahr wieder starten zu lassen.