Harsche Reaktion aus Moskau Flynns Rücktritt wird für US-Regierung zur größeren Affäre

Washington (dpa) - Das Weiße Haus gerät nach dem Rücktritt des nationalen Sicherheitsberaters Michael Flynn zunehmend in Erklärungsnot.

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Nach Darstellung der US-Regierung war US-Präsident Donald Trump mehr als zwei Wochen darüber informiert, dass Flynn noch zu Zeiten der Regierung von Präsident Barack Obama mit Russlands Botschafter in Washington über US-Sanktionen gegen Moskau gesprochen hatte. Trump habe dies rechtlich untersuchen lassen, sagte sein Sprecher Sean Spicer. Das Weiße Haus habe den Vorgang aber nicht als rechtliches Problem bewertet, Trump werte ihn als eine Frage des Vertrauens.

Trump habe Flynn eigenhändig entlassen, sagte Trump. Das widerspricht Angaben aus dem Weißen Haus des Vortages, unter anderem von Beraterin Kellyanne Conway, wonach Flynn von sich aus um seinen Rücktritt ersucht habe. Es hatte sogar geheißen, Trump habe Flynn halten wollen.

Man habe den Vorgang über Wochen täglich untersucht und bewertet, sagte Spicer am Dienstag. Das Vertrauen zu Flynn habe bis zu einem Punkt abgenommen, an dem Trump einen Wechsel habe vollziehen müssen. „Der Präsident muss absolutes Vertrauen in diese Person haben“, sagte Trump. Der Präsident sei sehr betroffen gewesen, dass Vizepräsident Mike Pence in die Irre geführt worden sei, sagte Spicer.

Kommissarischer Nachfolger Flynns wird mit dem 72-Jährigen Keith Kellogg ein weiterer General im Ruhestand.

In Moskau bewerteten Politiker den Rücktritt als schlechtes Zeichen für die Zukunft der amerikanisch-russischen Beziehungen. „Von den Falken in Washington wird die Bereitschaft zum Dialog mit den Russen als Gedankenverbrechen gesehen“, schrieb der Vorsitzende im Außenausschuss des Föderationsrates, Konstantin Kossatschow, auf Facebook.

Dem Weißen Haus drohen Druck und eine breite Aufarbeitung aus dem Kongress. Eine Reihe auch republikanischer Abgeordneter Senatoren und Abgeordneter will den Vorgang untersuchen und Flynn aussagen lassen.

Flynn hatte Ende Dezember, noch ehe er ein offizielles Amt innehatte, mit Russlands Botschafter Sergei Kisljak telefoniert - ungefähr zu der Zeit, als Obama neue Sanktionen gegen Russland verhängte. Das Weiße Haus bestätigte diese Kontakte. Spicer und Pence erklärten aber, in den Gesprächen sei es nicht um die Sanktionen gegangen. Dies stellte sich später als falsch heraus, wie die „Washington Post“ unter Berufung auf ehemalige und aktuelle Regierungsvertreter berichtete.

Er habe Pence aus Versehen nicht vollständig über seine Telefonate informiert, begründete Flynn seinen Rücktritt: „Leider habe ich wegen der hohen Geschwindigkeit der Ereignisse unbeabsichtigt den designierten Vizepräsidenten und andere mit unvollständigen Informationen über meine Telefongespräche mit dem russischen Botschafter unterrichtet.“

Amerikanischen Bürgern ist es verboten, ohne Legitimation mit anderen Staaten zu verhandeln.

Wie die „Washington Post“ weiter schrieb, hatte die damalige kommissarische Justizministerin Sally Yates bereits Ende Januar das Weiße Haus gewarnt, Flynn habe zu seiner Kommunikation mit Kisljak gelogen und sich damit durch Russland erpressbar gemacht.

Ohne direkt auf Flynn Bezug zu nehmen, twitterte Trump am Dienstag: „Die wahre Geschichte ist doch, warum gibt es so viele illegale Leaks in Washington?“ Er frage sich, ob das so weitergehe, wenn er über Nordkorea und anderes verhandele. Spicer sagte, der Präsident werde dafür sorgen, dass diese Lecks geschlossen würden.

Der mächtige Sprecher des Abgeordnetenhauses, Paul Ryan, sagte am Dienstag vor Medien, Trump habe recht gehabt, Flynn zum Rücktritt zu bewegen.

Flynns kommissarischer Nachfolger, Keith Kellogg (72) ist hochdekorierter Veteran des Vietnamkrieges. Kellogg war bereits in Trumps Übergangsteam. Als Kandidat für die dauerhafte Nachfolge wurde in US-Medien neben Kellogg auch der frühere General und Chef des Geheimdienstes CIA, David Petraeus, gehandelt. Außerdem gilt der ehemalige Vizeadmiral Robert Harward als Nachfolgekandidat.

Flynn muss zum zweiten Mal einen hohen Posten vorzeitig räumen. 2014 endete für den heute 58-Jährigen die Zeit als Chef des US-Militärgeheimdienstes DIA nach zwei Jahren im Amt. Ihm waren damals massive Führungsprobleme vorgeworfen worden; vor allem schien er eine andere Auffassung zum islamistischen Terrorismus zu vertreten als die Regierung Obama.

Im Wahlkampf entwickelte sich Flynn zu einem von Trumps loyalsten Köpfen. Allerdings sorgten schon damals seine Verbindungen nach Russland für Irritationen. Ende 2015 hatte er an einer Jubiläumsfeier des staatlichen Senders RT (Russia Today) teilgenommen und dort neben Kremlchef Wladimir Putin gesessen.