Front gegen Frankreichs Rechtsextreme bröckelt

Die Partei von Marine Le Pen könnte am Sonntag zum ersten Mal ins Parlament einziehen.

Paris. Nach dem triumphalen Wahlsieg Nicolas Sarkozys vor fünf Jahren hatten sie bereits das Totenglöckchen für „Front National“ (FN) geläutet. Davon kann heute keine Rede mehr sein. Marine Le Pens Rechtsextreme, quicklebendig wie nie, haben sich als dritte Kraft in Frankreichs politischer Landschaft etabliert.

Bereits bei den Präsidentschaftswahlen schockte die selbstbewusste FN-Chefin mit einem 18-Prozent-Anteil. Und in der ersten Runde der Parlamentswahl legte ihre Partei mit fast 14 Prozent nach. Jetzt drängt der „Front“ mit Macht ins Palais Bourbon in Paris, den Sitz der Nationalversammlung. Der bewährte „republikanische Damm“, den Sozialisten und die konservative UMP in den vergangenen Jahrzehnten mit viel Schweiß gegen den Antisemiten Jean-Marie Le Pen errichtet hatten, droht zu bersten.

Martine Aubry, Chefin der „Parti Socialiste“ von Präsident Francois Hollande, bleibt den republikanischen Prinzipien in der Stichwahl am Sonntag treu: Wo ein Front-National-Kandidat beste Chancen auf ein Mandat habe, werde sich der PS-Bewerber zugunsten des konservativen Kandidaten zurückziehen. Mit diesem „republikanischen Rückzug“ will sie „eine Sperre gegen den Front National“ errichten.

Die UMP hingegen fühlt sich an diese Vereinbarung nicht mehr gebunden. Parteichef Francois Copé hat für Sonntag die umstrittene „Weder-Noch“-Losung ausgegeben: weder den PS-Kandidaten wählen, noch den des Front.

In Kombination mit dem französischen Mehrheitswahlrecht hatte der republikanische „cordon sanitaire“, eine Art Sicherheitsgürtel, bisher noch bei jeder Wahl verheerende Folgen für die Rechtsextremen. Dank der Absprache der Großen blieben für sie die Türen zum Palais Bourbon stets verriegelt.

Nun scheint sich das Blatt zu wenden: In 61 von 577 Wahlkreisen hat die Le-Pen-Truppe in der ersten Runde einen Anteil von mehr als 12,5 Prozent der Wahlberechtigten erreicht — und somit die Teilnahme an der Stichwahl. Im Einzelnen kommt es zu 32 „Triangulaires“ („Dreiecken“ aus PS, UMP und FN) sowie zu 29 Duellen, davon allein 20 zwischen PS und Front.