Gefangene in Guantánamo rebellieren
Die Verzweiflung der Lager-Insassen schlägt in Gewalt um, Wärter reagieren mit Gummigeschossen. Obama scheint hilflos.
Washington. Gefangene mit Besenstielen gegen Wärter, Wärter mit Gummigeschossen gegen Gefangene, Dutzende Häftlinge im Hungerstreik — das umstrittene Lager Guantánamo Bay macht wieder Schlagzeilen. Das Weiße Haus reagiert auf die Eskalation zumindest vorerst lapidar. Man habe die Entwicklung der vergangenen Tage verfolgt, verlautete aus der Regierungszentrale in Washington. Mit Gleichgültigkeit hat das aber wohl nichts zu tun, eher mit Hilflosigkeit.
Wohlmeinend wie großmundig hatte US-Präsident Barack Obama bei seinem Amtsantritt vor gut vier Jahren angekündigt, dass er Guantánamo binnen zwölf Monaten schließen werde. Daraus wurde nichts. Obama hatte den Widerstand im Kongress gegen eine Verlegung terrorverdächtiger Gefangener auf US-Boden unterschätzt.
Dieses Scheitern, diese massive Fehlkalkulation ist und bleibt ein wunder Punkt von Obamas Präsidentschaft. So fällt auf, dass er das Wort Guantánamo nur noch dann in den Mund nimmt, wenn er direkt danach gefragt wird.
Nun führt eine eskalierende Hungerstreik-Welle die Problematik des Lagers wieder vor Augen. Waren Durchsuchungen in den Zellen offenbar der direkte Auslöser für die Verweigerung der Nahrungsaufnahme, haben Anwälte der Gefangenen eine andere Erklärung: Die Verzweiflung unter den Häftlingen wachse, nach zumeist mehr als zehn Jahren hinter Stacheldraht ohne Anklage, geschweige denn einem Prozess, mache sich tiefe Hoffnungslosigkeit breit. Das US-Militär reagiert anscheinend drastisch.
Es versucht, den Widerstand durch eine Zwangsverlegung der Gefangenen aus der Gemeinschaftsunterkunft in Einzelhaft zu brechen — und macht die Lage so womöglich noch schlimmer.
Gefangene würden jetzt fast wie in den Anfangszeiten des Lagers in Hochsicherheitszellen festgehalten, prangern Menschenrechtler wie Andrea Prasow von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch an.