Gericht bestätigt Todesurteil gegen Ex-Präsident Mursi
Kairo (dpa) - Ein Kairoer Gericht hat das Todesurteil gegen Ägyptens ersten frei gewählten Präsidenten Mohammed Mursi (63) bestätigt.
Die Richter sahen es als erwiesen an, dass der Islamist Anfang 2011 gemeinsam mit der palästinensischen Hamas und der libanesischen Hisbollah eine Flucht aus dem Gefängnis organisiert hatte. Nach dem Urteil vom Dienstag wird jetzt automatisch eine Berufungsverhandlung eingeleitet.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International sprach von einem „sehr unfairen“ Gerichtsverfahren, das eine komplette Missachtung der Menschenrechte offenbart habe. Der Richterspruch sei „ein weiterer Nagel im Sarg der Demokratie in Ägypten“, sagte Ex-Investitionsminister Jahija Hamid in Istanbul. Er gehört zu den Muslimbrüdern.
Auch die Todesurteile von fünf weiteren Mitgliedern der Bruderschaft wegen des Ausbruchs wurden bestätigt, unter ihnen ihr Führer Mohammed Badie und Ex-Parlamentspräsident Saad al-Katatni. Während der Urteilsverkündung verhielt Mursi sich ruhig, er wirkte teilnahmslos und saß gemeinsam mit den anderen Angeklagten in einem schalldichten Käfig im Gerichtssaal. Drei Muslimbrüder wurden am Dienstag zudem wegen Spionage zum Tode verurteilt. In diesem Fall bekamen Mursi und 16 weitere Angeklagte lebenslange Haftstrafen.
Mursi und einige andere Spitzenfunktionäre der Muslimbruderschaft waren im Januar 2011 verhaftet worden. Zu diesem Zeitpunkt hatten die von linken und weltlichen Aktivisten sowie Jugendlichen initiierten Massenproteste gegen Langzeitmachthaber Husni Mubarak ihren Höhepunkt erreicht. Im Februar wurde Mubarak zum Rücktritt gezwungen.
Mursi und seine Mitbrüder saßen in der Strafanstalt Wadi Natrun ein. Das von den Protesten in Bedrängnis geratene Mubarak-Regime zog dann Wachpersonal aus mehreren Gefängnissen ab, um Chaos im Land zu säen. Auch die Wachen in Wadi Natrun rückten ab. Mursi und die inhaftierten Muslimbrüder spazierten ebenso in die Freiheit wie andere politische Gefangene und Tausende Kriminelle.
Mursi gewann dann im Juni 2012 als Kandidat der islamistischen Muslimbruderschaft die Präsidentenwahl. Anfang Juli 2013 wurde er nach Massenprotesten gegen seine autoritäre Herrschaft vom Militär gestürzt. Die Armee ließ Demonstrationen der Islamisten blutig niederschlagen. Die Bruderschaft wurde später verboten und zur Terrororganisation erklärt. Mursi sitzt seit seinem Sturz in Haft.
Das Gericht bekräftigte mit der Entscheidung sein international heftig kritisiertes Urteil von Mitte Mai. Zuvor hatte es die Zustimmung des ägyptischen Muftis in die Entscheidung einbezogen.
Ursprünglich wollte das Gericht sein Urteil einen Tag vor dem Berlin-Besuch des heutigen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi Anfang Juni verkünden, verschob den Termin jedoch. Al-Sisis Reise nach Deutschland war wegen der Menschenrechtslage in Ägypten umstritten. Eine Bestätigung des Todesurteils hätte das Treffen zusätzlich belasten können.