Heikle Mission am Bosporus

Merkel trifft deutsche Soldaten und die Staatsspitze.

Kahramanmaras. Bewegung in den festgefahrenen EU-Beitrittsgesprächen mit der Türkei: Kanzlerin Angela Merkel will trotz eigener Skepsis neuen Schwung in die Verhandlungen bringen. Bei ihrem Treffen am Montag mit Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan in Ankara wird sie vorschlagen, dass die Europäische Union und die Türkei Verhandlungen über ein weiteres der insgesamt 35 Kapitel aufnehmen. Bisher sind erst 13 Kapitel eröffnet — abgeschlossen ist aber nur eines zur Wissenschaft.

Als erstes Ziel ihres zweitägigen Türkei-Besuches steuerte Merkel am Sonntag den Nato-Einsatzort im südtürkischen Kahramanmaras an, wo 300 deutsche Soldaten stationiert sind. Sie sind Teil eines 1000 Mann starken Truppenkontingents mit den Niederlanden und den USA. Die sechs „Patriot“-Raketenabwehrstaffeln sind etwa 100 Kilometer vor der syrischen Grenze stationiert. Sie sollen die Türkei vor Angriffen aus Syrien schützen.

Merkel sagte vor den Soldaten, ihr Einsatz habe einen hohen politischen Stellenwert. Es sei ein militärisches und politisches Signal, dass die Nato-Partner zusammenstünden, wenn einer von ihnen in Gefahr geraten könnte. Sie kritisierte erneut das Verhalten Russlands und Chinas im Weltsicherheitsrat, die Sanktionen gegen das Regime des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad blockierten.

Merkel fügte hinzu: „Natürlich besteht ein Stück Fassungslosigkeit, mit der wir die Dinge verfolgen müssen, ohne dass wir da direkt eingreifen können.“ Die Nato zeige mit der Operation, dass sie Türken auf ihrem Gebiet schütze und Syrien davor warne, den Konflikt über die Grenze hinaus auszuweiten. Sie betonte, der Konflikt müsse politisch gelöst werden.

Zu den EU-Beitrittsgesprächen sagte Merkel in ihrer wöchentlichen Video-Botschaft am Samstag: „Ich glaube, dass vor uns noch eine lange Verhandlungsstrecke liegt. Ich habe, obwohl ich skeptisch bin, der Fortführung der Beitrittsverhandlungen zugestimmt. Und ich bin dafür, dass wir jetzt ein neues Kapitel in diesen Verhandlungen eröffnen, damit wir auch ein Stück vorankommen.“

Dabei könnte es sich nach Angaben aus Regierungskreisen um die Kapitel zur Regionalpolitik sowie zur Wirtschafts- und Währungspolitik handeln. CSU-Politiker kündigten Widerstand dagegen an. Hauptgrund für die stockenden Gespräche ist der Zypernkonflikt mit der Türkei.