Historischer Kenia-Prozess vor Weltstrafgericht begonnen
Den Haag (dpa) - Kenias Vizepräsident William Ruto (46) muss sich seit Dienstag als erster ranghoher Politiker im Amt vor dem Weltstrafgericht in Den Haag verantworten.
Ruto soll nach Ansicht der Anklage ethnische Unruhen nach der Präsidentenwahl in Kenia 2007 organisiert haben. Der internationale Strafgerichtshof macht ihm wegen mutmaßlicher Verbrechen gegen die Menschlichkeit den Prozess.
Es ist der erste Prozess gegen Kenias Staatsspitze. Im November muss Präsident Uhuru Kenyatta vor dem Weltstrafgericht erscheinen. Wegen dieser Prozesse will Kenia als weltweit erstes Land aus dem Gericht austreten, was aber keinen Einfluss auf die laufenden Verfahren haben soll.
Vize-Präsident Ruto erschien freiwillig vor den Richtern in Den Haag und fuhr wie ein Staatsmann in einer dunklen Limousine vor. „Nicht schuldig“, sagte er zu den Vorwürfen, darunter Mord und Verfolgung.
Nach Ansicht der Anklage war der zweite Mann Kenias Chef eines kriminellen Netzwerks, das Anhänger des politischen Gegners ausschalten wollte. Bei monatelangen Unruhen zwischen ethnischen Stämmen waren über 1000 Menschen getötet worden. Tausende wurden Opfer sexueller Gewalt und Hunderttausende in die Flucht getrieben.
Chefanklägerin Fatou Bensouda schilderte Ruto als einen mächtigen Politiker, der mit Gewalt „seine politischen Ziele erreichen und seinen Machthunger befriedigen“ wollte. „Sein Endziel war politische Macht.“
Der Angeklagte, gekleidet in einen hellen Anzug, folgte den Vorwürfen mit unbewegter Miene. Einige Dutzend Abgeordnete aus Kenia waren zu seiner Unterstützung nach Den Haag gekommen. Auch der mitangeklagte Radiojournalist Joshua Arap Sang (38) erklärte, unschuldig zu sein.
Ruto habe die Kämpfer finanziert und mit Waffen versorgt, sagte die Chefanklägerin. „Als er die Wahl verloren hatte, gab er den Befehl zum Angriff.“ Nach den Wahlen 2013 wurde Ruto Vize-Präsident unter seinem früheren politischen Gegner Kenyatta. Wie lange der Prozess dauern wird, ist nicht bekannt.