Historischer Moment: Gauck feiert Befreiung der Niederlande
Breda (dpa) - Bundespräsident Joachim Gauck hat den Freiheitswillen der Niederländer gegen Nazi-Deutschland gewürdigt. Als erster Deutscher feierte er in den Niederlanden den „Tag der Befreiung“ von der Nazi-Herrschaft.
Gauck erinnerte bei einem Festakt in der Stadt Breda an mehr als 100 000 niederländische Juden, die der Ausrottungspolitik Hitlerdeutschlands zum Opfer fielen.
„Gerade weil wir Deutsche uns der Last und der Schuld der Geschichte gestellt haben, gilt für uns, gilt auch für mich: Wir feiern gemeinsam mit allen die Befreiung vom nationalsozialistischen Joch“, sagte Gauck. Das Komitee für die Befreiung der Niederlande würdigte den Auftritt des Bundespräsidenten als Ereignis von „historischer Bedeutung“.
„Vor ihnen steht ein dankbarer Mann“ - mit diesen Worten begann Gauck seine Rede vor mehreren hundert Ehrengästen in der Grote Kerk (Großen Kirche) von Breda. Der Bundespräsident sprach auch als erstes ausländisches Staatsoberhaupt überhaupt bei den Feiern zum Jahrestag der Befreiung von der deutschen Besatzung 1945. Gauck gedachte der Widerstandskämpfer und Hunderttausender Niederländer, die zum Arbeitseinsatz nach Deutschland deportiert worden waren.
Gauck würdigte, dass nun seit Jahrzehnten beide Länder gemeinsam am Projekt der Einheit Europas arbeiten. Grundlage dafür sei das Bekenntnis zu gemeinsamen Werten. „Durch dieses Ja zur Freiheit sind wir tiefer verbunden als durch die Verträge, die uns binden.“
Die Chefin des Organisationskomitees für den „Befreiungstag“, Joan Leemhuis-Stout, begrüßte es, dass Gauck in seiner Rede Freiheit und Verantwortung in den Mittelpunkt stellte. „Das Komitee ist sich bewusst, dass diese Rede zum 5. Mai von historischer Bedeutung ist“, sagte sie.
Die Einladung zum Festakt in Breda war ursprünglich an Gaucks Vorgänger Christian Wulff gegangen. Bereits am Tag der Wahl Gaucks am 18. März wurde sie für ihn persönlich erneuert.
Gauck würdigte in seiner Ansprache auch den Kampf für Freiheit und Rechtsstaatlichkeit in Nordafrika und im Nahen Osten. An die Adresse der westlichen Länder gerichtet warnte er aber auch vor einer egoistischen Interpretation des Freiheitsbegriffs. Freiheit dürfe nicht als politische oder ethische Beliebigkeit missverstanden werden. „Bei diesem Freiheitsverständnis fehlt, was besonders viele junge Menschen auf die Straße treibt - Verantwortlichkeit, Verlässlichkeit, auch Gemeinsinn und Solidarität.“
Vor dem Besuch gab es auch Kritik an der Einladung für Gauck zum „Befreiungstag“. Dabei geht es unter anderem um die Forderung nach Auslieferung des früheren Waffen-SS-Mannes und mutmaßlichen Kriegsverbrechers Klaas Carel Faber. Er wurde in den Niederlanden zunächst zum Tode und dann zu lebenslanger Haft verurteilt. Die deutsche Justiz verweigert aber die Auslieferung des inzwischen 90-Jährigen.
Gauck begrüßte, dass die deutsche Justiz eine neue Überprüfung des Falles zugesichert habe. „Wir haben kein Interesse daran, Verbrecher zu schützen“, sagte er in Breda. Die Rechtsordnung müsse aber respektiert werden.
Gauck und seine Lebensgefährtin Daniela Schadt wurden bei den Feierlichkeiten von Kronprinz Willem-Alexander und vom geschäftsführenden Ministerpräsidenten Mark Rutte begleitet. Am Abend erwartete Königin Beatrix in Amsterdam Gauck und Frau Schadt zu einem Konzert am Ufer der Amstel und einer gemeinsamen Bootsfahrt.