Hoffnung auf Tauwetter zwischen Erzfeinden Indien und Pakistan
Islamabad (dpa) - Ein Überraschungsbesuch von Indiens Premierminister Narendra Modi bei seinem pakistanischen Kollegen Nawaz Sharif weckt Hoffnungen auf eine neue Annäherung der Erzfeinde. Zuvor war elf Jahre lang kein indischer Regierungschef mehr im Nachbarland gewesen.
Er habe einen „freundlichen Abend“ in Lahore verbracht und sei gerührt gewesen, dass Sharif ihn zum Flughafen brachte, erklärte Modi. Auf das Treffen sollen weitere Gespräche der beiden Atommächte folgen, wie der indische TV-Sender NDTV am Samstag berichtete.
Modi war auf dem Rückweg von einer Reise nach Russland und Afghanistan, als er am Freitag offenbar kurzfristig beschloss, einen Zwischenstopp in Pakistan einzulegen. Eine Stunde sprach Modi mit Sharif in dessen Haus in der nordostpakistanischen Stadt Lahore.
Dort fand gerade die Hochzeit von Sharifs Enkelin statt; außerdem wünschte Modi seinem Amtskollegen alles Gute zum 66. Geburtstag. Es gebe eine „persönliche Verbindung“ zwischen den beiden, erklärte Indiens Außenamtssprecher Vikas Swarup.
Die Beziehung zwischen den beiden südasiatischen Ländern ist seit ihrer Unabhängigkeit vom britischen Königreich 1947 meist von Feindschaft geprägt gewesen. Die beiden Atommächte führten drei Kriege gegeneinander, zwei davon um Kaschmir.
Die letzten umfassenden Bemühungen um einen Frieden gab es 2004 unter Indiens damaligem Premier Atal Behari Vajpayee. Doch dann führten 2008 pakistanische Extremisten die Bombenanschläge im indischen Mumbai aus, bei denen 166 Menschen starben. Neu Delhi wirft Islamabad vor, den Hintermännern Unterschlupf zu gewähren.
Während des Gesprächs zwischen Modi und Sharif sei nun vereinbart worden, die Beziehungen zwischen den beiden Ländern wieder zu stärken, sagte Pakistans Top-Diplomat Aizaz Ahmad Chaudhry.
Modi kam aus Kabul, wo er das von Indien finanzierte neue Parlamentsgebäude eröffnet hatte. Pakistanische Medien verfolgten den Weg von Modis Flugzeug und zählten die Meter bis zur Landung. Auch indische Medien kannten kein anderes Thema mehr.
Indien und Pakistan sind seit einem Monat auf Annäherungskurs. Den Anfang machte ein Handschlag Modis mit Nawaz Sharif bei der Pariser Klimakonferenz Ende November. Dann trafen sich Sicherheitsberater beider Länder in Bangkok - ein Treffen, das zuvor mindestens zweimal abgesagt worden war.
Vor zwei Wochen reiste Indiens Außenministerin Sushma Swaraj in die pakistanische Hauptstadt Islamabad. Dort vereinbarten Indien und Pakistan, die nach der Terrorserie in Mumbai ausgesetzten Friedensgespräche wieder aufzunehmen.
Die Politik beider Länder bleibt aber zweideutig. Während seiner Rede in Kabul erwähnte Modi Pakistan nicht direkt - einige Bemerkungen können aber als Seitenhieb auf den Erzfeind verstanden werden, dem vorgeworfen wird, den Terrorismus in Afghanistan zu fördern. So sagte er, dass es Afghanistan bessergehen werde, sobald die „Kinderstuben des Terrorismus„ geschlossen würden. Hinzu kommt, dass die mächtige pakistanische Armee jeder Annäherung der Regierungen misstrauisch bis ablehnend gegenübersteht.
Modi übergab in Kabul auch drei Kampfhubschrauber russischer Bauart. Es war das erste Mal, dass Indien Afghanistan angriffsfähiges Gerät zukommen ließ. Zuvor waren Spenden auf Material beschränkt gewesen, das nicht im Kampf genutzt werden kann - weil Pakistan es als Provokation empfindet, wenn ein Nachbarland aufgerüstet wird.
Beide Länder testen auch weiter atomwaffenfähige Raketen. Pakistan tat dies zuletzt zwei Tage nach der Ankündigung neuer Friedensgespräche. Am Donnerstag hatte Modi auch mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin eine engere Zusammenarbeit verabredet.