Polen Polens Regierung beschränkt Verfassungsgericht

Warschau (dpa) - Die neue nationalkonservative Regierung in Polen macht Druck bei der umstrittenen Neuordnung des Verfassungsgerichts. Nur einen Tag nach der Verabschiedung im Unterhaus, dem Sejm in Warschau, befasste sich schon am Mittwoch der Senat als zweite Parlamentskammer mit den Plänen.

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Die Opposition hält das Gesetz für verfassungswidrig. Sie sieht einen Versuch, das Gericht in seiner Arbeitsfähigkeit zu beschneiden. In den vergangenen Wochen haben Zehntausende Gegner der Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) in Polen demonstriert.

Der seit August amtierende Präsident Andrzej Duda nahm die Regierung aber in Schutz gegen Kritik aus dem In- und Ausland an dem radikalen Staatsumbau. Die Gegner der Regierung könnten ihre Wahlniederlage nicht akzeptieren, sagte Duda in einem am Mittwoch ausgestrahlten Interview mit der britischen BBC.

Wörtlich sagte Duda: „Der Fall ist klar: Die Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) hat die Wahlen gewonnen. Aber es gibt weiter eine Opposition - und die organisiert diese Proteste. Aber solange die Demonstrationen friedlich verlaufen und die Polizei verhindert, dass es Zusammenstöße gibt, heißt das, die Demokratie funktioniert.“ Bei dem Gesetz gehe es nur um besseres Funktionieren der Institutionen, die von Seilschaften der Vorgängerregierung unterwandert seien. Duda hatte im Mai als Kandidat der PiS die Präsidentschaftswahl gewonnen.

In einer äußerst turbulenten Sitzung änderte der Sejm am Dienstagabend das Gesetz zum Verfassungsgerichtshof. Neu ist, dass Urteile künftig nur mit Zweidrittel- statt wie bisher mit einfacher Mehrheit gefällt werden können. 13 von 15 Richtern müssen beteiligt sein. Es entfällt der Paragraf über die Unabhängigkeit des Gerichts. Am Ende kam nur ein Änderungsantrag der Opposition durch: Das Tribunal darf seinen Sitz in der Hauptstadt behalten. Die Beratungen der Senatoren am Mittwoch verliefen ruhiger, trotzdem blieb PiS in der Sache hart.

Ex-Minister Andrzej Halicki von der liberalen Bürgerplattform (PO) sagte: „Heute ist mit bloßem Auge zu erkennen, dass wir es mit einem schleichenden Staatsstreich zu tun haben.“ Die Partei kündigte noch am Abend an, Verfassungsklage zu erheben. In den vergangenen Wochen hatte PiS bereits Richterposten neu besetzt.

Auch der ehemalige Präsident und legendäre Gewerkschaftsführer Lech Walesa zeigte sich besorgt wegen des politischen Konflikts im Land. Nachdem er im polnischen Fernsehen vor der Gefahr eines Bürgerkriegs gewarnt hatte, legte er am Mittwoch in einem Interview der Nachrichtenagentur Reuters nach: Die neue Regierung sei eine Gefahr für die Demokratie. Walesa forderte rasche Neuwahlen.

Scharfe Kritik am Vorgehen der PiS kam auch aus Deutschland. Der SPD-Bundestagsabgeordnete und Europapolitiker Joachim Poß klagte: „Die politischen Desperados der PiS-Partei haben mit ihrer Parlamentsmehrheit die Gewaltenteilung in Polen in einem nächtlichen Coup faktisch ausgehebelt. Jetzt muss Europa sofort mit allen Möglichkeiten des europäischen Rechts handeln.“

Präsident Duda sagte der BBC, Polens neue Regierung sei nicht europaskeptisch: „Wir sind Eurorealisten und wollen einfach, dass die EU richtig funktioniert.“ Gerade wegen ihrer Erfahrungen hinter dem Eisernen Vorhang seien die meisten Polen begeisterte Anhänger der EU- und Nato-Mitgliedschaft: „Wir Polen sind sehr glücklich, Mitglieder der Europäischen Union zu sein. Das hat für uns eine große symbolische Bedeutung.“