Isis ruft Gottesstaat in Syrien und im Irak aus
Tikrit (dpa) - Die sunnitische Miliz Isis versucht, Fakten zu schaffen und ruft einen islamischen Gottesstaat aus. Um die Stadt Tikrit toben Kämpfe. Zur Unterstützung der Armee sind fünf russische Jets in Bagdad eingetroffen.
Nach ihren militärischen Erfolgen in Syrien und im Irak hat die Dschihadisten-Miliz Isis in beiden Ländern ein islamisches Kalifat ausgerufen. In einer Audiobotschaft vom Sonntag verkündet der Sprecher der Terrorgruppe, Abu Mohammed al-Adnani, erster Kalif des neuen Gottesstaats sei Isis-Anführer Abu Bakr al-Baghdadi. Alle Muslime müssten ihm Gefolgschaft schwören. Nahe Aleppo im Norden Syriens richteten Isis-Kämpfer acht Männer öffentlich hin und kreuzigten sie.
Laut der Audiobotschaft al-Adnanis hat sich Isis, die Kurzform für Islamischer Staat im Irak und Syrien, zudem in „Islamischer Staat“ umbenannt. Die Authentizität der Aufnahme ließ sich zunächst nicht überprüfen.
Die sunnitische Miliz kontrolliert einige Regionen im Bürgerkriegsland Syrien und ist seit Anfang Juni auch im Irak auf dem Vormarsch. Dort hat sie im Norden und Westen des Landes weite Teile eingenommen.
Erklärtes Ziel der Miliz ist der Marsch auf Bagdad und die Errichtung eines grenzüberschreitenden Kalifats, in dem die weltliche und religiöse Führung in einer Hand liegt. Damit nimmt die Gruppe Bezug auf die islamischen Reiche in der Nachfolge des Propheten Muhammad. Das letzte Kalifat hatte die türkische Regierung 1924 nach dem Ende des Osmanischen Reiches abgeschafft.
Isis war ursprünglich ein Ableger des Terrornetzwerkes Al-Kaida. In diesem Frühjahr kam es jedoch zum Bruch. Nach Einschätzung von Experten kämpfen beide Gruppen nun um die Vormachtstellung in der Dschihad-Bewegung.
Von den öffentlichen Kreuzigungen nahe Aleppo berichtete am Sonntag die oppositionelle Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in Großbritannien. Die Opfer seien in dem Ort Deir Hafir getötet worden, weil sie für andere Rebellengruppen gekämpft haben sollen. Die Leichen der Männer wurden demnach auf einem zentralen Platz gekreuzigt und sollen dort drei Tage lagen bleiben.
Im Irak lieferten sich die irakische Armee und Isis-Milizen am Wochenende schwere Kämpfe um die Stadt Tikrit. Widersprüchliche Nachrichten gab es über die militärische Lage. Die BBC meldete unter Berufung auf Augenzeugen, die Armee habe sich wegen scharfen Widerstands südlich von Tikrit zurückziehen müssen. Das regierungstreue Nachrichtenportal Al-Sumeria berichtete dagegen, die Armee sei tiefer in die Stadt eingedrungen und habe große Teile von Aufständischen „gesäubert“.
In Bagdad traf am Sonntag die erste Lieferung von fünf gebrauchten russischen Kampfflugzeugen ein. Die Jets des Typs Suchoi Su-25 seien bald einsatzbereit, teilte das Verteidigungsministerium mit.
Mit der am Samstag begonnenen Offensive auf Tikrit versucht die Armee, die strategisch wichtige Stadt von der Terrorgruppe Islamischer Staat im Irak und in Syrien (Isis) zurückzuerobern. So will sie den weiteren Vormarsch der Extremisten auf die rund 170 Kilometer entfernte Hauptstadt verhindern. Tikrit liegt an einer Hauptverbindungslinie zwischen dem Norden des Landes und Bagdad. Isis-Milizen hatten die Stadt am 11. Juni eingenommen.
Regierungstruppen war es am Samstag nach eigenen Angaben gelungen, Al-Awja, einen Vorort von Tikrit, einzunehmen. Dort wurde der frühere Diktator Saddam Hussein geboren und nach seinem Tod im Jahr 2006 begraben. Die Angaben ließen sich von unabhängiger Seite nicht überprüfen. Auch anderenorts im Land gab es Kämpfe.
Angesichts des Isis-Vormarsches forderte der Leiter des irakischen Krisenstabes, General Ali al-Saidi, eine Aufteilung des Landes in autonome Zonen. „Alle Gruppen sollen ihre eigenen Regionen erhalten. Das ist die einzige Lösung“, sagte er der „Welt am Sonntag“. Im Irak gibt es Schiiten, Sunniten und Kurden. Nur mit einer Aufteilung könne die Unterstützung für die sunnitische Isis-Miliz im sunnitischen Bevölkerungsteil gebrochen werden.